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Dr. Dieter Heskamp

Rechtsanwalt

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AG Castrop-Rauxel - Urteil vom 10.07.15

Zum Inhalt der Entscheidung: Die Anordnung der Zusendung eines Anhörungsbogens als Betroffener unterbricht die Verjährung auch dann, wenn die Behörde noch nicht sicher weiß, dass der Betroffene als Täter in Betracht kommt.

Amtsgericht Castrop-Rauxel

Urteil vom 10.07.2015

6 OWi 61/15

Tenor:

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 240,00 EUR verurteilt. Dem Betroffenen wird die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Die Kosten des Verfahrens seine notwendigen Auslagen trägt der Betroffene (§§ 41 Abs. 1 i.V.m. Anl. 2, 49 StVO, 24, 25 StVG, 11.3.8 BKat, 4 Abs. 1 BKatV).

 

Aus den Gründen:

I.

(...)

Der Betroffene ist bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

II.

Zur Überzeugung des Gerichtes steht folgender Sachverhalt fest:

Am 5.10.2014 gegen (...) Uhr befuhr der Betroffene die (...) in Castrop-Rauxel in nördlicher Fahrtrichtung. Er führte dabei den Pkw Audi mit dem amtlichen Kennzeichen (...). Die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf dem Messabschnitt der (...) in nördlicher Fahrtrichtung beträgt 50 km/h. Der Betroffene wurde an der ordnungsgemäß eingerichteten, geeichten und gewarteten Messstelle mit dem ordnungsgemäß geeichten und ordnungsgemäß in Betrieb genommenen stationären Messgerät Traffipax, TraphiPhot S Smart Kamera IV mit einer Geschwindigkeit von 113 km/h gemessen. Abzüglich von Toleranzen ergibt sich ein vorwerfbarer Wert von 109 km/h. Das Gerät wurde dabei von dem Zeugen Z1 ordnungsgemäß entsprechend der Bedienungsanleitung eingerichtet. Die Anordnung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und die Überschreitung derselben hätte der Betroffene erkennen können und müssen.

Ende Oktober 2014 ordnete die Bußgeldbehörde zunächst eine Halterabfrage hinsichtlich des Fahrzeuges aus dem Bußgeldbescheid an. Es stellte sich heraus, dass Halterin die (...) GmbH in Lüdenscheid ist. Der Betroffene ist auch Geschäftsführer dieser GmbH.

Die Bußgeldbehörde wandte sich daraufhin an den Landrat des märkischen Kreises zur weiteren Ermittlung. Im Rahmen dieser Ermittlungen sprach der Zeuge Z2 mit Herrn Y, der als Mitarbeiter bei der (...) GmbH beschäftigt ist. Aufgrund dieses Gespräches teilte der Zeuge Z2 der Bußgeldbehörde noch am 1.12.2014 telefonisch mit, dass der Betroffene als Fahrer des Fahrzeuges in Betracht kommt. Am 1.12.2014 ordnete die Bußgeldbehörde an, dass an den Betroffenen ein Anhörungsbogen als Beschuldigter versandt werden sollte. Ein solcher Anhörungsbogen wurde auch unterzeichnet.

Das Schreiben des Märkischen Kreises, welches als Anlage eine Adressermittlung des Betroffenen erhält, ging bei der Bußgeldbehörde am 4.12.2014 ein.

Am 5.1.2015 erließ die Bußgeldbehörde den Bußgeldbescheid. Weil zunächst keine Postzustellungsurkunde vorlag, wurde dem Betroffenen der Bußgeldbescheid noch einmal zugesandt. Hiergegen legte der Verteidiger namens und in Vollmacht des Betroffenen am 5.2.2015 Einspruch ein. Zugleich mit dem Einspruch beantragte der Verteidiger Akteneinsicht. Die Bußgeldakte ging dann am 20.2.2015 beim Verteidiger ein. D.A. beigefügt waren der aktuelle Beschilderungsplan, der Eichschein, das Wartungszertifikat, das Messprotokoll sowie das Datenfeld des Lichtbildes. Die Behörde erteilte die Auskunft, dass eine Lebensakte über das Gerät nicht geführt werde.

Nachdem nach dem 20.2.2015 zunächst keine Rückmeldung des Verteidigers gegenüber der Behörde erfolgte, übersandte die Behörde die Akte an die Staatsanwaltschaft, was sie dem Verteidiger am 27.02.2015 auch mitteilte.

Trotzdem übersandte die Behörde dem Verteidigern im Mai 2015 noch weitere Informationen zum Messverfahren. So wurden insbesondere der Schulungsnachweis des Messbeamten und die beiden Kalibrierungsfotos auf dem Postwege zugesendet. Der Verteidiger hielt auch per E-Mail die Bedienungsanleitung des Messgerätes. Nichts desto trotz beantragte der Verteidiger weiterhin die gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG. Dieser Antrag beschied das Amtsgericht S mit Beschluss vom 4.6.2015 in eigener Zuständigkeit und wies den Antrag zurück.

III.

Das ergibt sich aus der Einlassung des Betroffenen, der von den des Zeugen Z2 und den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten sonstigen Beweismittel.

1.

Der Betroffene hat sich über seinen Verteidiger zusammengefasst dahingehend eingelassen, dass bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Denn die Anordnung der Bußgeldbehörde vom 1. Dezember 2014, einen Anhörungsbogen als Beschuldigter an den Betroffenen zu versenden, sei rechtsfehlerhaft erfolgt. Der von ihm benannter Zeuge Y habe mich gegenüber dem Zeugen Z2 nur mitgeteilt, dass er nicht wisse, wer Fahrer des Fahrzeuges im Tatzeitpunkt gewesen sei. Er solle sich an den Geschäftsführer halten. Insoweit sei die Ermittlungen der Behörde hier nur gegen einen Zeugen und nicht gegen den wahren Täter erfolgt. Es sei nicht erklärlich, wie die Bußgeldbehörde am 01.12. einen Anhörungsbogen verschickt haben will, wenn die Nachricht über den Betroffenen als Fahrer ausweislich der Akte erst am 04.12.2014 bei ihr eingegangen sei.

Im Übrigen sei dem Verteidiger keine ausreichende Akteneinsicht gewährt worden, das Verfahren müsse noch bei der Bußgeldbehörde mangels ausreichender Ermittlung geführt werden.

Ansonsten hat sich der Betroffene nicht zur Sache eingelassen.

2.

Der Betroffene wurde allerdings anhand der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismittel als Fahrzeugführer überführt. Auch der Geschwindigkeitsverstoß an sich ergibt sich aus den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismitteln. Aus der sonstigen Beweisaufnahme ergibt sich im Übrigen, dass eine Verfolgungsverjährung hier nicht eingetreten ist.

Die Messung wurde durchgeführt mit einem stationären Messgerät (sog. „Starenkasten“) Traffipax TraphiPhot S Smart Kamera IV. Bei diesem Messverfahren handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren (OLG Hamm VRR 2008, 273), so dass neben den Angaben zur gemessenen Geschwindigkeit abzüglich Toleranzen, der ordnungsgemäßen Eichung und der Inbetriebnahme entsprechend der Bedienungsanleitung des Herstellers keine weiteren Angaben nötig sind, es sei denn, es liegen konkrete Einwendungen gegen die Messung vor.

Aus dem Datenfeld des Lichtbildes Bl. 15 d.A., welches in der Hauptverhandlung verlesen wurde, ergibt sich eine gemessene Geschwindigkeit des Betroffenen von 113 km/h. Abzüglich einer Toleranz von vier km/h ergibt sich eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 109 km/h.

In der Hauptverhandlung wurden ferner die Kalibrationsbilder Blatt 147a und 147 b Augenschein genommen sowie die entsprechenden Datenfelder verlesen. Aus diesen ergibt sich, dass zum Ende der Messung am 07.10.2014 das Kalibrationsfoto ausgelöst wurde, dass die Daten 100 km/h im Datenfeld enthält. Zu Beginn der hier fraglichen Messung am Brunnen 29.9.2014 wurde zudem ein weiteres Kalibrationsfoto ausgelöst. Auch dieses enthält in dem in der Hauptverhandlung verlesenen Datenfeld die Werte 100 km/h und entspricht damit den Vorgaben der Betriebsanleitung des Herstellers. Auf die in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 147a, 147 B d. A. wird insoweit ausdrücklich Bezug genommen, § 267 Abs. 1 S. 3 StPO.

Aus dem seinem wesentlichen Inhalt nach bekannt gegebenen Messprotokoll Bl. 28 d.A. ergibt sich zudem, dass der Messbeamte Z1 das Messgerät gemäß der Bedienungsanleitung aufgestellt und in Betrieb genommen hat. Aus dem Messprotokoll ergibt sich ferner eine an der Messstelle geltende Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, angeordnet durch das Verkehrszeichen 274. Der in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Beschilderungsplan Bl. 24 d.A. ergibt ebenfalls eine beidseitige Beschilderung vor der Messstelle (...) mit dem Verkehrsschild 274, sichtbar mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h.

Aus dem seinem wesentlichen Inhalt nach bekannt gegebenen Eichschein 29 d.A. ergibt sich eine ordnungsgemäße Eichung des Messgerätes zum Tatzeitpunkt 6.10.2014. Die Eichung fand statt am 23.07.2014 und hatte Gültigkeit bis 31.12.2015. Ferner ergibt sich aus dem in der Hauptverhandlung seinem wesentlichen Inhalt nach bekannt gegebenen Eichschein Bl. 30 d.A., dass der analoge Piezzo-Vorverstärker im Tatzeitpunkt gültig geeicht war. Die Eichung fand im November 2013 statt und hatte Gültigkeit bis Ende 2014. Ferner ergibt sich aus dem seinem wesentlichen Inhalt nach bekannt gegebenen Wartungszertifikat Bl. 31 d.A., dass im April 2014 (14.04.) entsprechend der so genannten Piezzo-Richtlinie die letzte Wartung des Messplatzes an der (...) Fahrtrichtung Norden durch die Herstellerfirma Jenoptik ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Der Beweisantrag des Verteidigers aus Anl. II zum Protokoll (Bl. 167 d.A.) war nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OwiG hinsichtlich der Vorlage einer Mitteilung, ob die Induktionsschliefen nach dem 05.04.2014 gewartet wurden, abzulehnen, weil die Beweiserhebung zu pflichtgemäßen Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich war. Streng genommen handelt es sich schon nicht um einen Beweisantrag, sondern um Antrag auf Erhebung weiterer Beweise, weil die Verteidigung nicht angibt, welche Beweistatsache sich aus der Beiziehung der Wartungsunterlagen ergeben soll. Da es sich vorliegend um ein standardisiertes Messverfahren handelt und der Wartungsnachweis aus April 2014 bereits in der Hauptverhandlung bekannt gegeben wurde, wäre es Sache des Betroffenen gewesen, konkrete Hinweise darzulegen, warum trotz Wartungsnachweis eine Wartung nicht mehr erfolgt sein soll oder warum das Gerät defekt gewesen sein soll. Die Wartung wurde ein halbes Jahr vor dem hier in Rede stehenden Verstoß vorgenommen, Anhaltspunkte dafür, dass die Induktionsschleifen nicht gewartet waren, sind nicht ersichtlich und müssen im standardisierten Messverfahren ohne die Angabe konkreter Anhaltspunkte der auch nicht aufgeklärt werden. Es drängt sich hier also keine weitere Amtsermittlung auf.

Die Tätereigenschaft des Betroffenen ergibt sich aus den in Augenschein genommenen Messfoto Bl. 15 d.A. (mitte) sowie der Inaugenscheinnahme des Betroffenen durch das erkennende Gericht in der in der Hauptverhandlung selbst. Auf die Messfotos Bl. 15 d.A. wird gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO ausdrücklich Bezug genommen. Das Messfoto ist von guter Qualität und lässt sämtliche Gesichtsmerkmale mit Ausnahme der Stirn und des Haaransatzes des Betroffenen gut erkennen. Das Messfoto ist kontrastreich und enthält eine durchaus feine Körnung, auch wenn diese sicher noch besser sein könnte. Das Bild ist auch so scharf, dass die einzelnen Merkmale deutlich voneinander zu unterscheiden sind. Natürlich könnte das Bild noch schärfer sein, was allerdings der Tatsache geschuldet ist, dass hier kein Hochglanzabzug vorliegt. Insbesondere sind die Ohren, die Nase, die Nasenspitze, Ober- und Unterlippe sowie die von der Oberlippe zur Nase verlaufenden Falten gut zu erkennen. Auch die Augen des Fahrers und die entsprechende Abstände sind gut zu erkennen. Ferner gut erkennbar ist auf dem Messfoto, dass zwischen den Augenbrauen keine durchgängige Verbindung besteht, sondern die Haut gut zu erkennen ist. Gut erkennbar auf dem Foto ist auch die Kinnpartie, die beim Fahrer sanft rundbögig verläuft, keinesfalls aber ein markant spitzes Kinn erkennen lässt.

Das Gericht hat den Betroffenen in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Die wesentlichen Merkmale, welcher auf dem Messfoto Bl. 15 Akte zu erkennen sind, waren auch beim Betroffenen zu erkennen, so dass das Gericht keine Zweifel an der Fahreigenschaft des Betroffenen hat.

Dazu betrachtete das Gericht den Betroffenen von schräg vorne links entsprechend der Kameraperspektive des Messfotos.

So konnte insbesondere festgestellt werden, dass der Betroffene wie die Person auf dem Messfoto verhältnismäßig schmale und nicht etwa wulstige Lippen hat. Bei der Person auf dem Messfoto wie auch beim Betroffenen verlaufen die Lippen annähernd waagerecht ohne markante Aufwulstungen z.B. der Oberlippe. Auch die beiden von der Nase annähernd 45 Grad nach unten bis zur Oberlippe verlaufenden erkennbaren Falten auf dem Messfoto waren beim Betroffene in der Hauptverhandlung vorhanden. Ebenfalls gut erkennbar für das Gericht war die Kinnform des Betroffenen, die hier wenig markant nur leicht rundbogenförmig verläuft. Genau so ist es bei der Person auf dem Messfoto zu sehen.

Ebenfalls gut erkennbar und vorhanden war für das Gericht die Augenstellung. Das Gericht bat dazu Betroffenen, der in Hauptwandlung mit einer Brille erschienen war, die Brille abzunehmen. Hier wurde schlagartig für das Gericht erkennbar, dass die Augenstellung des Betroffenen mit der Augenstellung der Person auf dem Messfoto übereinstimmt. Auch die Tatsache, dass die Augenbrauen hier nicht durchgängig miteinander verbunden sind und eine deutliche Lücke gelassen, war beim Betroffenen in der Hauptverhandlung gut zu erkennen. Insgesamt hat das Gericht keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Betroffene zum Tatzeitpunkt auch den Wagen gefahren hat. Dass der Betroffene dann angab, im Straßenverkehr regelmäßig mit Brille zu fahren, entlastet ihn angesichts der oben geschilderten Ähnlichkeiten zwischen der Person auf dem Messfoto und ihm selbst nicht. Es ist nämlich auch möglich, Kontaktlinsen zu tragen. Ferner ist auch nicht ersichtlich, ob der Betroffene die Brille dauerhaft benötigt, oder ob er sie nur als Lesebrille nutzt.

Bei der gebührenden Aufmerksamkeit dem Straßenverkehr hätte der Betroffene zum einen die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung als auch die Überschreitung derselben erkennen können. Anhaltspunkte dafür, dass die Beschilderung nicht sichtbar war oder Ähnliches sind nicht ersichtlich und von Verteidigung auch nicht vorgetragen.

IV.

1.

Es besteht auch kein Verfahrenshindernis, insbesondere ist Verjährung nach § 26 Abs. 3 StVG nicht eingetreten. Nach § 26 Abs. 3 StVG beträgt die Verjährung bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG drei Monate, solange kein Bußgeldbescheid erlassen oder öffentliche Klage erhoben ist. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Denn mit der Anordnung und der schriftlichen Unterzeichnung des Anhörungsbogens vom 1.12.2014, dass der Betroffene hier als Beschuldigter angehört wird, war die Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen und begann damit am 1.12.2014 gemäß § 33 Abs. 3 S. 1 OWiG von neuen.

Das ergibt sich zum einen aus dem seinem wesentlichen Inhalt nach bekannt gegebenen Statusblatt Bl. 25 und 26 d.A.. Aus dem Statusblatt wird ersichtlich, dass am 1.12.2014 eine Anhörung ausgedruckt wurde, die den Betroffenen als Beschuldigten enthält. Ausweislich des handschriftlichen Vermerkes des Sachbearbeiters B, welcher auf Bl. 26 d.A. ersichtlich ist, wurde der Anhörungsbogen auch versandt. Aus dem Statusblatt Bl. 26 d.A. und dem handschriftlichen Vermerk des Sachbearbeiters B der Bußgeldbehörde kann also ohne Zweifel ausgeschlossen werden, dass die Anhörung des Betroffenen als Beschuldigten am 1.12.2014 versandt und auch vom Sachbearbeiter unterzeichnet wurde, denn andererseits hätte sie wohl kaum versandt werden können. Dagegen spricht auch nicht, dass der Betroffene sich über seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen hat, dass er Anhörungsbogen nicht erhalten habe. Es kommt nicht drauf an, ob der Betroffene den Anhörungsbogen erhält oder nicht. Maßgeblich ist nur, ob die Anordnung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG so angeordnet und auch unterzeichnet wird. Angesichts der Tatsache, dass ein gewisser Prozentsatz an Postsendungen verloren geht, ist es durchaus wahrscheinlich, dass der Anhörungsbogen, sofern der Betroffene ihn wirklich nicht erhalten hat, schlicht auf dem Postweg verloren gegangen ist. Angesichts der Tatsache, dass der Betroffene hier aber noch rechtzeitig Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen konnte, ist ihm dies, sofern tatsächlich der Anhörungsbogen nicht beim Betroffenen angelangt sein sollte, auch nicht zu seinem Nachteil gereicht.

Entgegen der Ansicht der Verteidigung ergibt sich aus der Akte und dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht, dass hier Verjährung eingetreten ist. Grundsätzlich unterbricht jede der im Katalog des § 33 Abs. 1 Nr. 1 aufgeführten Handlungen die Verjährung. Es kommt nicht darauf an, ob die Handlung zur Förderung des Verfahrens objektiv geeignet und bestimmt war, (Gürtler, in: Göhler, OWiG, 16. Auflage 2012, § 33 Rn. 3 mit weiteren Nachweisen). Die Unterbrechungswirkung tritt deshalb auch ein, falls mit ihr gerade der Zweck verfolgt wird, die Verjährung zu unterbrechen (Göhler, ebenda). Eine Unterbrechung der Verjährung liegt nur dann vor, wenn eine Scheinmaßnahme vorliegt, d.h. eine Maßnahme, die gar nicht durchgeführt werden soll oder kann bzw. deren sofortige Aufhebung beabsichtigt ist (vgl. Göhler, ebenda). Das ist hier allerdings nicht der Fall.

Der Zeuge Z2 hat insoweit in der Hauptwandlung ausgesagt, dass er mit dem Mitarbeiter Y der (...) GmbH gesprochen habe. Der Zeuge hat ferner bestätigt, dass der Zeuge Y mitgeteilt hat, dass Fahrer des Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt der Betroffene gewesen sein soll. Ferner sei es durchaus möglich, dass er die Angaben aus dem behördlichen Schreiben Bl. 16 d.A. bereits vorab telefonisch an die Bußgeldstelle S weitergegeben habe.

Das Gericht folgte den Aussagen des Zeugen Z2. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Zeuge Z2 zunächst bei der offenen Befragung angab, keine konkrete Erinnerung an den Fall zu haben. Nach weiterer Befragung durch das Gericht, insbesondere nachdem dem Zeugen das Schreiben Bl. 16 d.A. vorgehalten wurde, konnte sich der Zeuge aber doch wieder zumindest ein Grundtatsachen erinnern. So hatte der Zeuge noch in Erinnerung, dass er jedenfalls mit dem Mitarbeiter Y der U GmbH gesprochen habe der bestätigt habe, dass der Betroffene als Geschäftsführer Fahrer des Fahrzeuges gewesen sei. Der Zeuge hat dann zwar angegeben, dass es nicht unbedingt üblich sei, Angaben vorab telefonisch durchzugehen. Im speziellen Fall könne dies aber durchaus so gewesen sein.

Die Aussagen des Zeugen sind für das Gericht deshalb nachvollziehbar und glaubhaft, weil sie sich mit dem aus der Akte befindlichen Geschehensablauf in Einklang bringen lassen. Für das Gericht ist zunächst glaubhaft, dass der Zeuge an die einzelnen Ermittlungen zunächst keine konkrete Erinnerung hat. Bei der großen Anzahl von Ermittlungen, die der Zeuge als Ermittlungsbeamter durchzuführen hat, wäre es verwunderlich, wenn der Zeuge ohne weiteres eine konkrete Erinnerung an den vorliegenden Fall hätte. Glaubhaft und letztlich der Funktion des menschlichen Gehirns geschuldet ist es aber, wenn der Zeuge sich nach Vorhalt konkreter Aktenbestandteile die Erinnerung ins Gedächtnis ruft. Die Erinnerung ist insoweit mit dem Schriftstück verknüpft und kann dann aufgefrischt werden. Hier ist vorliegend aber durchaus nachvollziehbar, dass die Ermittlungen bereits vorab telefonisch durchgegeben wurden. Denn hier hätte sonst erst die Nachricht über die Ermittlung erst auf dem Postwege die Bußgelstelle in S erreicht, was durchaus zu Verzögerungen geführt hätte. Angesichts der Anordnung eines Fahrverbots und der ganz erheblichen möglichen Geschwindigkeitsüberschreitung ist es aus Sicht des Gerichts lebensnah, dass vorliegend der Zeuge Z2 die Daten des Betroffenen als Fahrer telefonisch an der Bußgeldstelle am 01.12.2014 weitergegeben hat. Dafür spricht auch, dass auf dem seinem wesentlichen Inhalt nach bekanntgegebenen Schreiben des Märkischen Kreises Bl. 16 d.A. als Datum der 01.12.2014 eingetragen ist. In der Gesamtwürdigung von Akte und Zeugenaussage ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts ein schlüssiger und lebensnaher Geschehensablauf.

Selbst wenn man es wie die Verteidigung die Beweiswürdigung anders beurteilt , kommt es nach den oben genannten Kautelen allerdings für eine Anordnung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OwiG nicht entscheidend darauf an, ob der Zeuge L die Daten telefonisch vorab durchgegeben hat oder nicht. Denn selbst wenn die Bußgeldstelle in S mit ihrer Anordnung vom 1.12.2014 lediglich die Verjährung hätte unterbrechen wollen, so wäre dies angesichts der oben genannten Rechtsprechung ausreichend gewesen. Es liegt nämlich gerade nicht eine Scheinmaßnahme vor dergestalt, dass die angeordnete Maßnahme gar nicht durchgeführt werden soll oder kann. Denn die von der Behörde tatsächlich am 1.12.2014 durchgeführte Maßnahme ist Grundlage des gesamten jetzigen Verfahrens. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung in § 33 Abs. 1 Nr. 1 OwiG gerade nicht gewollt, dass sich das Gericht darüber Gedanken machen muss, ob hier in schuldhafter Weise durch die Behörde ein Tatverdacht angenommen wird oder nicht. Es sollte allein auf das formale Anordnen der Maßnahme ankommen. Im Übrigen erleidet der Betroffene dadurch ja auch keinen Rechtsverlust. Er bekommt durch den Anhörungsbogen und die anschließend Zustellung des Bußgeldbescheides mit Rechtsmittelbelehrung Gelegenheit, den Vorwurf in einem Verfahren klären zu lassen.

Im Übrigen ist es seitens der Bußgeldbehörde S angesichts der Aussage des Zeugen Z2, der beim Arbeitgeber ermittelt hat, auch nicht rechtsfehlerhaft sein, anzunehmen, dass der Betroffene gefahren ist. Angesichts der Tatsache, dass es sich offensichtlich um ein Fahrzeug der (...) GmbH handelt ist die Annahme lebensnah, dass auch der Geschäftsführer der GmbH mit dem Fahrzeug herumfährt.

Der Beweisantrag des Verteidigers als Anl. 2 zum Vergütungsprotokoll (Bl. 67 d.A.) war nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OwiG abzulehnen. Es drängt sich nicht auf, den Zeugen Y vernehmen. Zum einen handelt es sich bei dem Antrag aus Anl. 2 zum Protokoll vom 10.7.2015 insoweit streng genommen nicht um einen korrekt gestellten Beweisantrag. Denn der Beweisantrag benennt keine konkreten Beweistatsachen, die der Zeuge Y bestätigen soll. Der Beweisantrag verhält sich lediglich darüber, den Zeugen Y laden um festzustellen, ob er den Betroffenen wirklich als Täter benannt wurde. Ob der Zeuge Y das bestätigen kann oder nicht, ergibt sich aus dem Beweisantrag gerade nicht. Im übrigen kann nach den obigen Ausführungen auch dahinstehen, ob der Zeuge Y die Aussage tätigt, er habe den Betroffenen nicht als Täter benannt. Es kommt insoweit allein auf die formale Anordnung durch die Behörde an, die nach dem durchgegeben Daten des Zeugen Z2 jedenfalls nicht als Scheinmaßnahme anzusehen ist. Selbst wenn der Zeuge Z2 hier fälschlicherweise den Betroffenen als vermeintlichen Betroffenen angibt, so muss sich die Bußgeldbehörde S, die sich auf die Ermittlungen des Ermittlungsdienstes zunächst verlassen darf, dieses Verschulden nicht zurechnen lassen.

Der Beweisantrag war darüber hinaus nach §§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abzulehnen, soweit die Verteidigung Vorlage der Kopie des Anhörungsbogens verlangt, um festzustellen, ob der Betroffene als Täter angehört wurde. Der Verteidiger stellt in seinem Schriftsatz zum 20. Mai 2015 (Bl. 151 ff. d.A.) und auch in den übrigen Schriftsätzen selbst fest, dass an den Betroffenen ein Anhörungsbogen geschickt worden sei, und zwar ein Anhörungsbogen als Beschuldigter. Kernpunkt der Verteidigung ist doch gerade, dass hier der Betroffene als Zeugen und nicht als Beschuldigter hätte angehört werden müssen. Insoweit drängte sich für das Gericht nicht auf, eine Kopie des Anhörungsbogens beizuziehen. Denn die gesamte Argumentation der Verteidigung beruht doch gerade darauf, dass angeblich der Betroffene als Beschuldigter angehört wurde, obwohl er noch gar nicht Beschuldigter war, geschweige denn der Täter. Die Verteidigung will ja nun nicht ernsthaft behaupten, dass es gar keinen Anhörungsbogen als Beschuldigter gegeben habe. Daran vermag die Tatsache, dass der Betroffene behaupteterweise den Anhörungsbogen nicht erhalten hat, nichts zu ändern.

2.

Damit hat sich der Betroffene einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 1 i.V. mit Anl. 2, 49 StVO, 24, 25 StVG, 11.3.8 BKat, 4 Abs. 1 BKatV schuldig gemacht. Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Betroffene zum einen die Geschwindigkeitsbegrenzung, zum anderen seine erhöhte Geschwindigkeit erkennen können. Angesichts der deutlich überhöhten Geschwindigkeit (59 km/h über der zulässigen Geschwindigkeit) war die Überschreitung auf jeden Fall fahrlässig.

Die einschlägige Tatbestandsnummer (141725) sieht eine Geldbuße von 240,00 EUR und die Anordnung eines einmonatigen Fahrverbotes vor. Angesichts der Tatsache, dass der Betroffene verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, war von der Regelgeldbuße i.H.v. 240,00 EUR auszugehen. Dabei hat das Gericht insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen berücksichtigt und auch daran gedacht, die Unterhaltsverpflichtungen des Betroffenen zu würdigen. Allerdings ist bei einem Nettoeinkommen von 4.400,00 EUR davon auszugehen, dass auch bei möglichen Unterhaltspflichten gegenüber einer getrennt lebenden Ehefrau und zwei Kindern ein Bußgeld i.H.v. 240,00 EUR für den Betroffenen verkraftbar ist.

Es war auch gemäß § 25 StVG, 11.3.8 BKat und § 4 Abs. 1 BKatV ein einmonatiges Fahrverbot mit sogenannter Vier-Monats-Frist gemäß § 25 Abs. 2a StVG anzuordnen. Die Erfüllung des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BKatV iVm. Nr. 11.3.8 BKat indiziert das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung des Kraftfahrzeugführers im Sinne von § 25 Abs. 1 S. 1 StVG, sodass es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf.

Dabei hat das Gericht auch nicht die Möglichkeit des Absehens vom Fahrverbot gegen Erhöhung des Bußgeldes nach § 4 Abs. 4 BKatV übersehen. Gründe zum Absehen vom Fahrverbot sind durch den Betroffenen nicht vorgetragen. Besondere Umstände in objektiver oder subjektiver Hinsicht, die geeignet erscheinen, die indizielle Annahme einer groben Pflichtverletzung zu kompensieren, sind nicht vorhanden und vom Betroffenen auch nicht vorgetragen. Dabei hat das Gericht insbesondere nicht verkannt, dass der Betroffene Ersttäter ist. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass die Indizwirkung der groben Pflichtverletzung hier entfällt.

Auch das Vorliegen einer besonderen Härte durch die Verhängung des Fahrverbots ist durch den Betroffenen nicht vorgetragen. Eine Existenzgefährdung des Betroffenen durch das Fahrverbot wurde nicht angeführt. Die Verteidigung beschränkte sich einzig und allein auf den Aspekt der Verfolgungsverjährung. Von der Möglichkeit des Absehens vom Fahrverbot bei gleichzeitiger Erhöhung des Bußgeldes nach § 4 Abs. 4 BKatV war daher kein Gebrauch zu machen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs.1 OWiG, 465 StPO.

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