OLG Hamm - Beschluss vom 07.07.10

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Zum Inhalt der Entscheidung: Ein Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zwecks Nachweis von Meßfehlern muss die Anhaltspunkte, aus denen sich die Meßfehler ergeben sollen, hinreichend bestimmt bezeichnen. Der Verweis auf ein allgemein gehaltenes Schreiben der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt genügt nicht.

 

Oberlandesgericht Hamm

Beschluss vom 07.07.2010

III - 3 RBs 110/10

 

Aus den Gründen:

Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Lübbecke vom 19.02.2010 wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 240,- € verurteilt worden. Darüber hinaus hat das Amtsgericht gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat verhängt.

Gegen das dem Verteidiger am 17.03.2010 zugestellte Urteil hat der Betroffene mit Telefax-Schriftsatz seines Verteidigers vom 24.02.2010, eingegangen bei dem Amtsgericht Lübbecke am 26.02.2010, Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 19.04.2010, eingegangen bei dem Amtsgericht Lübbecke am selben Tage, mit der näher ausgeführten Rüge der Verletzung formellen Rechts sowie mit der Sachrüge begründet.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Verfahrensrüge ist nicht begründet.

1.

Der Betroffene macht mit der Verfahrensrüge geltend, das Amtsgericht habe einen Beweisantrag zu Unrecht gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt. Der Beweisantrag hat folgenden Wortlaut:

„Ich beantrage die Einholung eines messtechnischen SVGA zum Beweis folgender Tatsache:
Der SV wird bekunden, dass aufgrund des vom Zeugen Z durchgeführten Visiertests auf ein Verkehrszeichen 274 in einer Entfernung von 395 Meter die Zuordnungssicherheit der Messung auf das Fahrzeug des Betroffenen nicht mehr gegeben ist.

Entgegen den Bekundungen des Zeugen ist es nicht laut Bedienunganleitung per se gestattet, den Visiertest auf ein Verkehrszeichen 274 in 395 Meter Entfernung durchzuführen, vielmehr ist der Visiertest laut Bedienungsanleitung auf ein geeignetes Ziel innerhalb des Messbereichs (bis zu 1.000 m) durchzuführen. Die PTB hat in ihrer Stellungnahme vom 25.04.2007 auf Folgendes hingewiesen: (nunmehr zitiert die Rechtsbeschwerde ein Schreiben der PTB vom 25.04.2007 in voller Länge).

Seit der Stellungnahme der PTB wurde das verwendete Messgerät nicht in seiner Bauart verändert. Lediglich die Bedienungsanleitung wurde — wie oben beschrieben — modifiziert.

Der SV wird bekunden, dass ein Verkehrszeichen 274 in 395 Meter Entfernung kein geeignetes Ziel darstellt, um die Visiereinrichtung zu testen. Infolgedessen ist die Messung technisch nicht nachzuvollziehen (und) zu verwerfen. Der Zeuge gab im Übrigen an, dass er keine konkrete eigene Erinnerung mehr an den konkreten Messvorgang hat."

Diesen Beweisantrag hat das Amtsgericht mit der Begründung abgelehnt, dass die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei, § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG.

Die Zurückweisung des Beweisantrages durch das Amtsgericht ist zu Recht erfolgt. Aus dem Beweisantrag ergeben sich keine genügenden Anhaltspunkte für einen Messfehler. Ihm kann nicht einmal entnommen werden, welche der umfangreichen Ausführungen der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt in ihrem Schreiben vom 25.04.2007 bezogen auf den vorliegenden Fall zur .Möglichkeit eines Messfehlers führen könnten. Ebenso bleibt völlig offen, warum die Durchführung des Visiertests auf ein Verkehrszeichen 274 in 395 Metern Entfernung im vorliegenden Fall nicht ordnungsgemäß gewesen sein soll. Dies hätte die Rechtsbeschwerde hier anhand der Bedienungsanleitung für das Lasermessgerät Riegl FG 21-P im Einzelnen aufführen müssen. Nach der am 06.02.2009 erschienenen und seit dem 01.05.2009 für Messungen maßgeblichen Gebrauchsanweisung des Gerätes heißt es nämlich, dass vom Messort auf das Ziel freie Sicht bestehen muss, die Reflexionseigenschaften des Ziels sich von der Umgebung deutlich unterscheiden und die Umrisse des Ziels in der Visiereinrichtung klar erkennbar sein müssen, wobei als einziges Beispiel für ein geeignetes Ziel gerade ein Verkehrsschild genannt wird (Winninghoff, DAR 2009, 427, 430). Diese Informationen können aus dem vorzitierten Aufsatz entnommen werden und sind daher auch für den Verteidiger frei zugänglich und allgemeinkundig. Welche der gerade aufgeführten Kriterien für eine einwandfreie Messung durch die im vorliegenden Fall durchgeführte Art des Visiertests nicht erfüllt sein sollen, bleibt sowohl nach dem Beweisantrag als im Übrigen auch nach dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde völlig unklar.

2.

Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hin hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Das Amtsgericht konnte die Messung mithilfe des Lasermessgeräts Riegl FG 21-P nach den vorstehenden Ausführungen zu Recht als standardisierte Messung ansehen. Messmethode, gemessene Geschwindigkeit und Toleranzabzug werden mitgeteilt. Auch zur Rechtsfolgenbemessung lässt das angefochtene Urteil keinerlei Rechtsfehler erkennen.Nach alledem war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.