In der Rechtsprechung herrscht Uneinigkeit über den Umfang des Akteinsichtsrechts des Verteiders im Hinblick auf die Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung von Verkehrsmeßgeräten (z.B. Laser– und Radargeräte).
Während das Landgericht Ellwangen (Beschluss vom 14.09.09 – 1 Qs 166/09), das Amtsgericht Düsseldorf (Beschuss. v. 18.10.2011 – 312 OWi 306/11), das Amtsgericht Karlsruhe (Beschluss v. 22.09.2011 – 1 OWi 127/11) und das Amtsgericht Kleve (Beschluss vom 03.08.2008 – 11 OWi 164/08) die Auffassung vertreten, dass dem Verteidiger Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung des Meßgerätes durch Übersendung einer Kopie der Bedienungsanleitung zu gewähren ist, vertritt das Landgericht Aachen (Beschlüsse v. 01.02.2012 – 62 Qs 8/12 und 12.01.2012 – 61 Qs 2/12) die Ansicht, dass der Verteidiger zwar keinen Anspruch auf Übersendung von Ablichtungen der Bedienungsanleitung hat, es ihm aber unbenommen bleibt, das Akteneinsichtsrecht in den Räumlichkeiten der jeweiligen Polizeidienststelle wahrzunehmen.
Ein allgemeines Recht auf Beiziehung aller möglichen Unterlagen, denen aus Sicht der Verteidigung unmittelbare oder auch nur entfernte potentielle Beweisbedeutung zukommt, bestehe nicht. Wenn der Beschuldigte bzw. dessen Verteidiger die Richtigkeit der Messung anzweifeln will, mag er eine konkrete Behauptung aufstellen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen, im Rahmen dessen dann die dazu erforderlichen Unterlagen bzw. Beweismittel beigezogen werden, so das Landgericht Aachen. Eine ähnliche Auffassung vertritt auch das Landgericht Limburg in seinem Beschluss vom 30.08.11 (1 Qs 116/11).
Die Frage ist in der Praxis von Bußgeldverteidigungen von erheblicher Bedeutung wenn beabsichtigt ist, die Meßbeamten zu den Einzelheiten der Messung zu befragen.
Rechtsprechung
- AG Kassel – Beschluss vom 23.12.2015 – 381 OWi 315/15: Der Verteidiger hat das Recht auf Einsicht in die gesamte Messreihe einschließlich der entsprechenden Datensätze.
- AG Schleiden – Beschluss vom 23.10.12: Die Bußgeldbehörde ist nicht verpflichtet, für den Verteidiger des Betroffenen einen Meßfilm in ein gängiges Format zu konvertieren.
- AG Cottbus – Beschluss vom 14.09.12 : 1. Wenn für ein Meßgerät eine Lebensakte geführt wird, erstreckt sich das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers grundsätzlich auch auf diese. Falls keine Lebensakte geführt wird, ist dem Verteidiger Auskunft über die üblicherweise in der Lebensakte enthaltenen Sachverhalte (Durchgeführte Reparaturen, Eichungen usw.) zu erteilen. – 2. Die Verwaltungsbehörde hat dem Verteidiger Auskunft zu der Frage zu erteilen, wann und warum das zum Einsatz gebrachte Messgerät eventuell repariert, geeicht bzw. nachgeeicht wurde. – 3. Das Recht auf Akteneinsicht bezieht sich auch auf das Handbuch bzw. die Bedienungsanleitung für das Messgerät. – 4. Weiter ist vom Recht auf Akteneinsicht die Messliste mit allen beobachteten und nicht beobachteten Messungen, jedenfalls die komplette Messliste, sowie die kompletten Datensätze der Messung umfasst