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Erläuterungen zu § 8 StVO – Vorfahrt

Paragraph 8 StVO

Die Regelungen zur Vorfahrt gemäß § 8 StVO bilden einen zentralen Bestandteil der Straßenverkehrsordnung. Sie definieren das Verhalten an Kreuzungen und Einmündungen sowie bei der Einfahrt in Kreisverkehre. Ziel ist es, durch eindeutige Vorrangregelungen die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Unfälle zu vermeiden.

Im Gegensatz zum Vorrang, der in verschiedenen Verkehrssituationen Anwendung findet (z. B. beim Vorbeifahren oder an Bahnübergängen), bezieht sich die Vorfahrt konkret auf das Zusammentreffen von Fahrzeugen auf Kreuzungen und Einmündungen. Für Fußgänger oder Personen, die ein Fahrzeug schieben, gelten die Vorfahrtsregelungen nicht.

Die StVO unterscheidet zwischen geregelten und ungeregelten Vorfahrtssituationen. Ist eine Kreuzung nicht durch Verkehrszeichen oder Lichtzeichen geregelt, gilt das Prinzip „rechts vor links“. Diese Grundregel ist in § 8 Abs. 1 StVO verankert. Fahrzeuge, die an Kreuzungen und Einmündungen von rechts kommen, haben Vorfahrt, es sei denn, sie kommen aus einem Feld- oder Waldweg. Auf Parkplätzen gilt „rechts vor links“ allerdings im Regelfall nicht.

In geregelten Situationen kommen Zeichen wie „Vorfahrt gewähren“ (205), „Halt. Vorfahrt gewähren“ (206) oder „Vorfahrtstraße“ (306) zur Anwendung. Diese Zeichen verdeutlichen den Verkehrsfluss und müssen beachtet werden. Auch das Zusatzzeichen zur abknickenden Vorfahrt spielt dabei eine Rolle, da es den Verlauf der Vorfahrtstraße grafisch darstellt und somit Klarheit über die Vorfahrtslage schafft.

Ein besonders relevanter Fall ist der Kreisverkehr. Gemäß § 8 Abs. 1a StVO hat der Verkehr innerhalb eines mit Zeichen 215 (Kreisverkehr) und Zeichen 205 versehenen Kreisverkehrs Vorrang. Beim Einfahren in einen solchen Kreisverkehr darf der Blinker nicht gesetzt werden.

Die Sorgfaltspflichten des Wartepflichtigen ergeben sich aus § 8 Abs. 2 StVO. Er muss sich dem Kreuzungsbereich mit mäßiger Geschwindigkeit nähern und deutlich machen, dass er wartet. Ist die Kreuzung unübersichtlich, darf sich der Wartepflichtige nur vorsichtig in den Kreuzungsbereich hineintasten. Dabei ist ständiges Anhalten jederzeit möglich zu halten.

Ein Sonderfall ist die „halbe Vorfahrt“ (Kreuzung ohne Verkehrszeichen. Jeder Fahrzeugführer ist gegenüber von rechts kommenden Fahrzeugen wartepflichtig und gegenüber von links kommenden vorfahrtberechtigt) . Sie verpflichtet auch den Vorfahrtsberechtigten zu erhöhter Aufmerksamkeit und angepasster Geschwindigkeit, insbesondere an unübersichtlichen Kreuzungen.

In Parkhäusern und auf Parkplätzen gelten Vorfahrtsregelungen nur dann, wenn die Fahrspuren Straßencharakter aufweisen. Andernfalls greift § 1 StVO mit dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.

Beim Spurwechsel auf mehrspurigen Fahrbahnen gilt: Der durchgehende Verkehr hat Vorrang. Wer sich einfädelt, darf dies nur tun, wenn andere Verkehrsteilnehmer weder gefährdet noch behindert werden. Das Reißverschlussverfahren findet Anwendung bei beidseitiger Fahrbahnverengung. Laut BGH besteht hier kein grundsätzlicher Vorrang eines bestimmten Fahrstreifens.

Auch im Radverkehr sowie zwischen Radfahrern und Inlineskatern kann es zu Vorfahrtskonflikten kommen. Dabei gelten die allgemeinen Sorgfaltsanforderungen der StVO. Entscheidend ist, ob die benutzten Wege gleichberechtigt oder untergeordnet sind.

Das Vertrauen des Vorfahrtsberechtigten auf die Einhaltung der Regeln durch Wartepflichtige ist grundsätzlich erlaubt, entfällt jedoch bei offensichtlicher Unaufmerksamkeit oder überhöhter Geschwindigkeit. Umgekehrt kann auch der Wartepflichtige nur begrenzt auf die Einhaltung der Regeln durch den Vorfahrtsberechtigten vertrauen.

Links

Vorfahrtsregeln und Vorfahrtsschilder

Wikipedia-Artikel Vorfahrt


Rechtsprechung:

BGH – Urteil vom 27.05.14: Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich auf die gesamte Fläche der Kreuzung oder des Einmündungsbereichs. Der Vorfahrtsbereich wird bei rechtwinklig einmündenden Straßen und bei rechtwinkligen Straßenkreuzungen von den Fluchtlinien der Fahrbahnen beider Straßen gebildet. Bei einer trichterförmig erweiterten Einmündung erstreckt sich die Vorfahrt nicht nur auf das durch die Fluchtlinie der Fahrbahnen beider Seiten gebildete Einmündungsviereck, sondern umfasst auch die ganze bis zu den Endpunkten des Trichters erweiterte bevorrechtigte Fahrbahn.

LG Detmold – Urt. v. 02.05.12: Auf einem Parkplatz gilt die Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ nur dann, wenn die einander kreuzenden Verbindungswege hinsichtlich Markierung, Breite und Verkehrsführung im Wesentlichen gleichartige Merkmale aufweisen, so dass der Straßencharakter der Fahrbahnen klar und unmissverständlich ist.

 

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