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Erläuterungen zu § 5 StVO

Überholen ist der tatsächliche, absichtslose Vorgang des Vorbeifahrens auf demselben Straßenteil (Fahrbahn). Eine Erhöhung der Geschwindigkeit oder ein Fahrstreifenwechsel ist begrifflich nicht für ein Überholen erforderlich. Auch eine Überholabsicht ist nicht Voraussetzung.

Das Überholen beginnt spätestens mit dem Ausscheren nach links. Ist der Überholende bereits vorher links gefahren, beginnt es mit der deutlichen Verkürzung des Sicherheitsabstandes mit Überholgeschwindigkeit in Überholabsicht. Beendet ist das Überholen beim Wiedereinscheren nach rechts in ausreichendem Abstand.

Wenn zwei entgegenkommende Fahrzeuge beide überholen wollen, so hat derjenige Vorrang, der als erster ordnungsgemäß dazu ansetzt, es sei denn, sein Überholweg wäre erheblich länger.

Die Überholgeschwindigkeit muß wesentlich höher als die des Überholten sein. Innerorts reichen auf breiter Str. 10 km/h meist aus, auf freier Strecke bei günstigen Verkehrsverhltnisses auch 5 – 10 km/h. Geringere Geschwindigkeiten reichen dagegen nicht aus, in der Regel auch nicht auf Autobahnen. Das Amtsgericht Lüdinghausen hat eine Differenzgeschwindigkeit von 9.8 km/h auf einer Autobahn bei dichtem Verkehrsaufkommen als nicht ausreichend angesehen.

Überholen ist unzulässig, wenn es durch die Verkehrszeichen
Zeichen 276 oder Zeichen 277
verboten ist.

Bei Zeichen 276 dürfen einspurige Kfz (z.B. Motorräder) nur andere einspurige Kfz überholen.

Wer eine wartende Kfz-Schlange überholt, muss auch die für den Querverkehr freigelassenen Lücken an Kreuzungen und Einmündungen beachten und dort mit Querverkehr rechnen.

Wer zum Überholen ausscheren will hat sich zu vergewissern, das er dies ohne Behinderung oder Gefährdung aufgerückter Hintermänner tun kann. Der Vertrauensgrundsatz gilt hier nicht. Der Überholende darf andere nicht zu gefährlichen Fahrmanövern zwingen. Wer kurz vor einem aufgerückten Hintermann zum Überholen ausschert, handelt grobfahrlässig. Der Überholte darf nicht zu starkem Bremsen gezwungen werden. Daher muß sich der Überholer auch vor dem Wiedereinscheren über den rückwärtigen Verkehr vergewissern.

Das Ausscheren zum Überholen ist rechtzeitig durch Betätigen des Fahrtrichtungsanzeigers anzukündigen. Das Zeichengeben verschafft jedoch keinen Vorrang gegenüber aufgerückten Hintermännern. Ebenso ist auch das Wiedereinscheren rechtzeitig durch den Fahrtrichtungszeiger anzuzeigen, und zwar so, dass der Überholte es wahrnehmen kann.

Auch innerorts ist das Überholen durch Fahrtrichtungszeichen anzukündigen, obwohl es hier möglicherweise mit einer Absicht zum Linksabbiegen verwechselt werden kann. Diese Gefahr hat der Überholer zu berücksichtigen.

Der Überholer hat einen ausreichenden Seitenabstand zum Überholten zu wahren, mindestens 1 m. Bei Radfahrern wegen der zu erwartenden Schwankungen mindestens 1,50 bis 2 m.

Der zu Überholende darf ab Beginn des Überholvorganges nicht mehr beschleunigen. Er muß sogar die Geschwindigkeit verringern, wenn sonst eine Gefahr entstünde.

Rechts überholen ist in bestimmten Fällen zulässig: Wer korrekt nach links abbiegt darf rechts überholt werden. Ebenso sind Straßenbahnen üblicherweise rechts zu überholen, es sei denn die Schienen liegen zu weit rechts. Zum Rechtsüberholen bei mehreren Fahrstreifen s. § 7 StVO.

Falsches Überholen kann als Ordnungswidrigkeit und u.U. auch als Straftat ( § 315c Abs. 1 Nr. 2 b) StGB) geahndet werden. Eine Verhinderung des Überholtwerdens kann den Tatbestand der Nötigung erfüllen.

 

Rechtsprechung zu § 5 StVO:
  • OLG Stuttgart – Beschluss vom 04.06.07: Wer bei unklarer Verkehrslage überholt und dabei die „durchgezogene Mittellinie“ überfährt, verwirklicht nicht den Tatbestand der Nr. 19.1.1 des Bußgeldkatalogs.