Das Überholen beginnt spätestens mit dem Ausscheren nach links. Ist der Überholende bereits vorher links gefahren, beginnt es mit der deutlichen Verkürzung des Sicherheitsabstandes mit Überholgeschwindigkeit in Überholabsicht. Beendet ist das Überholen beim Wiedereinscheren nach rechts in ausreichendem Abstand.
Wenn zwei entgegenkommende Fahrzeuge beide überholen wollen, so hat derjenige Vorrang, der als erster ordnungsgemäß dazu ansetzt, es sei denn, sein Überholweg wäre erheblich länger.
Die Überholgeschwindigkeit muß wesentlich höher als die des Überholten sein. Innerorts reichen auf breiter Str. 10 km/h meist aus, auf freier Strecke bei günstigen Verkehrsverhltnisses auch 5 – 10 km/h. Geringere Geschwindigkeiten reichen dagegen nicht aus, in der Regel auch nicht auf Autobahnen. Das Amtsgericht Lüdinghausen hat eine Differenzgeschwindigkeit von 9.8 km/h auf einer Autobahn bei dichtem Verkehrsaufkommen als nicht ausreichend angesehen.
Bei Zeichen 276 dürfen einspurige Kfz (z.B. Motorräder) nur andere einspurige Kfz überholen.
Wer eine wartende Kfz-Schlange überholt, muss auch die für den Querverkehr freigelassenen Lücken an Kreuzungen und Einmündungen beachten und dort mit Querverkehr rechnen.
Das Ausscheren zum Überholen ist rechtzeitig durch Betätigen des Fahrtrichtungsanzeigers anzukündigen. Das Zeichengeben verschafft jedoch keinen Vorrang gegenüber aufgerückten Hintermännern. Ebenso ist auch das Wiedereinscheren rechtzeitig durch den Fahrtrichtungszeiger anzuzeigen, und zwar so, dass der Überholte es wahrnehmen kann.
Auch innerorts ist das Überholen durch Fahrtrichtungszeichen anzukündigen, obwohl es hier möglicherweise mit einer Absicht zum Linksabbiegen verwechselt werden kann. Diese Gefahr hat der Überholer zu berücksichtigen.
Der Überholer hat einen ausreichenden Seitenabstand zum Überholten zu wahren, mindestens 1 m. Bei Radfahrern wegen der zu erwartenden Schwankungen mindestens 1,50 bis 2 m.
Der zu Überholende darf ab Beginn des Überholvorganges nicht mehr beschleunigen. Er muß sogar die Geschwindigkeit verringern, wenn sonst eine Gefahr entstünde.
Rechts überholen ist in bestimmten Fällen zulässig: Wer korrekt nach links abbiegt darf rechts überholt werden. Ebenso sind Straßenbahnen üblicherweise rechts zu überholen, es sei denn die Schienen liegen zu weit rechts. Zum Rechtsüberholen bei mehreren Fahrstreifen s. § 7 StVO.
Falsches Überholen kann als Ordnungswidrigkeit und u.U. auch als Straftat ( § 315c Abs. 1 Nr. 2 b) StGB) geahndet werden. Eine Verhinderung des Überholtwerdens kann den Tatbestand der Nötigung erfüllen.
- OLG Stuttgart – Beschluss vom 04.06.07: Wer bei unklarer Verkehrslage überholt und dabei die „durchgezogene Mittellinie“ überfährt, verwirklicht nicht den Tatbestand der Nr. 19.1.1 des Bußgeldkatalogs.
- LG Osnabrück – Urteil vom 02.06.06: Einen LKW mit Überbreite in einer Autobahnbaustelle mit verengten Fahrstreifen zu überholen kann einen Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO darstellen.
- AG Lüdinghausen – Urteil vom 19.12.05: Eine Differenzgeschwindigkeit von 9.8 km/h reicht auf einer Autobahn bei hohem Verkehrsaufkommen für einen Überholvorgang nicht aus.