Das Fahrverhalten beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren ist in § 9 StVO geregelt. Die Vorschrift verlangt von Verkehrsteilnehmern ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit und Sorgfalt, da hier besonders häufig Verkehrsunfälle geschehen. Tatsächlich zählt das fehlerhafte Abbiegen oder Rückwärtsfahren zu den Top-5 der Unfallursachen im Straßenverkehr.
Abbiegen: Anforderung an Umsicht und Vorbereitung
Das Abbiegen ist keine einfache Richtungsänderung, sondern ein komplexes Fahrmanöver. Es beginnt mit der rechtzeitigen Ankündigung durch Blinken und setzt eine doppelte Rückschau voraus. Die Einordnung zur Fahrbahnmitte hin ist für Linksabbieger ebenso verpflichtend wie die besondere Rücksichtnahme gegenüber Fußgängern und Radfahrern.
Linksabbieger müssen entgegenkommende Rechtsabbieger und Geradeausfahrer durchfahren lassen. Diese Grundregel gilt auch an Ampelkreuzungen mit grünem Licht. Rechtsabbieger müssen insbesondere innerorts auf querende Fußgänger achten. Zusätzlich gilt für Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen beim Rechtsabbiegen innerorts Schrittgeschwindigkeit, wenn mit Fußgängern oder Radfahrern zu rechnen ist.
Radfahrer dürfen beim Linksabbiegen in bestimmten Situationen am rechten Fahrbahnrand bleiben, müssen dabei aber besonders auf den Gegenverkehr achten und ggf. Radverkehrsmarkierungen folgen.
Wenden: Nur bei klarer Übersicht und ohne Gefährdung
Ein Wendemanöver, also das Drehen des Fahrzeugs in die Gegenrichtung, darf nur dann vorgenommen werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Diese Pflicht zur „äußersten Sorgfalt“ beinhaltet u. a. den Schulterblick, das Beobachten des Querverkehrs und das ständige Bremsbereitsein. Auf Autobahnen ist das Wenden nach § 18 Abs. 7 StVO generell verboten.
Rückwärtsfahren: Sicht, Vorsicht, Verantwortung
Auch das Rückwärtsfahren ist nur erlaubt, wenn andere nicht gefährdet werden. In besonders unübersichtlichen Situationen ist ggf. eine Einweisung erforderlich. Auf Parkplätzen ohne klaren Straßencharakter gilt die allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 1 Abs. 2 StVO.
Kommt es in engem Zusammenhang mit einem Wendemanöver oder einer Rückwärtsfahrt zu einem Unfall, spricht der Anscheinsbeweis in der Regel gegen den Wendenden oder Rückwärtsfahrenden. Dieser muss dann nachweisen, dass kein typischer Verkehrsfehler vorliegt.
Besondere Sorgfaltspflichten
Die Vorschrift des § 9 Abs. 5 StVO verlangt, dass beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen werden muss. Wer diesen Anforderungen nicht gerecht wird, handelt fahrlässig und riskiert Sanktionen bis hin zu einem Fahrverbot.
Die Gerichte betonen immer wieder die Bedeutung der „äußersten Sorgfalt“ in diesen Verkehrssituationen. Wer hier versagt, trägt in der Regel die Hauptverantwortung für den Unfall.
Bußgeld und Punkte
Der Bußgeldkatalog 2023 führt zahlreiche Tatbestände im Zusammenhang mit § 9 StVO auf. Die Spanne reicht von Verwarnungsgeldern bei fehlender Blinkerbetätigung bis zu Geldbußen mit Punkten und Fahrverbot bei schweren Verstoßen. Besonders relevant sind hier die TBNR 109 100 bis 109 662.