Wenn die Fahrerlaubnis entzogen wurde, wird nach Ablauf der Sperrfrist nicht automatisch eine neue Fahrerlaubnis erteilt. Eine neue Fahrerlaubnis ist bei der zuständigen Verwaltungsbehörde zu beantragen. Die Verwaltungsbehörde kann die Neuererteilung der Fahrerlaubnis in bestimmten Fällen von dem Bestehen einer sogenannten medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU), volkstümlich zu Unrecht auch „Idiotentest“ genannt, abhängig machen. Eine MPU wird beispielsweise verlangt, wenn der Bewerber mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt hat.
In der MPU soll festgestellt werden, ob die Gründe, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt haben, weiterhin vorliegen und den Bewerber als ungeeignet zur Teilnahme am erlaubnispflichtigen Straßenverkehr erscheinen lassen. Die Durchführung einer MPU kostet – je nach Anbieter und Untersuchungsanlaß – ca. 400,– bis 600,– EUR.
Der Fahrerlaubnisbewerber ist nicht gezwungen, die Begutachtung durchführen zu lassen. Kommt er der Aufforderung nicht nach, werden die Fahreignungszweifel der Behörde allerdings nicht ausgeräumt, d.h. die Behörde wird den Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis ablehnen.
Der Bewerber kann sich aussuchen, bei welcher Begutachtungsstelle er die Begutachtung durchführen lassen will. Er hat es auch selbst in der Hand, ob er das Gutachten an die Behörde weiterleiten will oder nicht. Fällt das Gutachten negativ aus, ist es in der Regel nicht sinnvoll, das Gutachten an die Behörde zu schicken. In solchen Fällen kann es ratsamer sein, den Neuerteilungsantrag zurückzunehmen und ggf. zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Antrag zu stellen.
Das Gutachten muss sich mit einer bestimmten Fragestellung befassen, die von der Behörde vorgegeben wird. Im Zusammenhang mit Alkohol kann diese z.B. lauten:
„Ist zu erwarten, dass N.N. künftig ein Kfz unter Alkoholeinfluss führen wird und/oder liegen als Folge unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kfz der beantragten Klasse(n) infrage stellen?“
Was in der MPU untersucht wird richtet sich nach dieser Fragestellung. Die Untersuchung besteht dabei aus folgenden Abschnitten:
1. Medizinischer Teil: Laboruntersuchungen, u.U. Koordinationsübungen, Fragebögen
2. Psychologischer Teil:
a) Leistungstests: Konzentrations- und Reaktionstests an einem Testgerät
b) Exploration: Gespräch mit einem Verkehrspsychologen.
Das Nichterreichen der Mindestanforderungen in einem Abschnitt hat in der Regel das Nichtbestehen der gesamten Untersuchung zur Folge.
In der Exploration soll festgestellt werden, ob der Bewerber sich mit dem Problem, das zum Entzug seiner Fahrerlaubnis geführt hat, auseinandergesetzt hat, eine Verhaltensänderung vollzogen hat und diese sich bereits hinreichend stabilisiert hat.
Nach vollständiger Durchführung der Untersuchung erhält der Teilnehmer ein ausführliches schriftliches Gutachten. Die Fragestellung der Behörde kann dabei wie folgt beantwortet werden:
1. Postiv: Die Eignungszweifel wurden ausgeräumt. Für die o.g. Fragestellung bedeutet das: Es ist nicht zu erwarten, dass N.N. künftig ein Kfz unter Alkoholeinfluss führen wird.
2. Negativ: Die Eignungszweifel konnten nicht ausgeräumt werden.
3. Kursempfehlung: Die Eignungszweifel wurden nicht vollständig ausgeräumt, die noch verbleibenden Bedenken können aber durch den Besuch eines Kurses nach § 70 FeV ausgeräumt werden.
Rechtsprechung zur Medizinisch-psychologischen Untersuchung
- Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Urteil vom 10.10.2013 – Überlaßt der Fahrerlaubnisbewerber der Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten, so kann die Behörde dieses zur Beurteilung der Fahreignung des Bewerbers verwenden. Auf die Frage, ob die Anordnung des Gutachtens rechtmäßig war, kommt es dann nicht mehr an. (ebenso: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Beschluss vom 11.06.14).
- BVerwG – Beschluss vom 20.06.13: Die Fahrerlaubnisbehörde kann von einer Person, die beim Fahren mit einem Fahrrad im Straßenverkehr erstmals mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr angetroffen worden ist , gemäß § 3 Abs. 2, § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Überprüfung der Fahreignung verlangen, auch wenn diese Person nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen ist und eine solche auch nicht erwerben will.
- BVerwG – Beschluss vom 11.06.08: Hat sich der Betroffene in einer Vereinbarung mit der Fahrerlaubnisbehörde zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verpflichtet und erfüllt er die eingegangene Verpflichtung nicht, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis nur dann gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Nichteignung schließen, wenn der Betroffene hierauf bei der Vereinbarung hingewiesen wurde (§ 11 Abs. 8 Satz 2 FeV). / Die Entziehung einer Fahrerlaubnis nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV darf nicht auf ein medizinisch-psychologisches Gutachten gestützt werden, das die Fahrerlaubnisbehörde ohne Zustimmung des Betroffenen zur Kenntnis bekommen hat.