Zum Inhalt springen
Startseite | Fahrerlaubnis | Fahrverbot | Fahrverbot in Bußgeldsachen

Fahrverbot in Bußgeldsachen

Nach § 25 Abs. 1 StVG kann ein Fahrverbot verhängt werden, wenn der Betroffene ordnungswidrig im Sinne des § 24 StVG gehandelt hat und wenn deswegen eine Geldbuße gegen ihn festgesetzt wird. Ein Fahrverbot kann somit nicht als alleinige Folge einer Ordnungswidrigkeit angeordnet werden. Fahrverbote in Bußgeldverfahren dürfen nur gegen Kraftfahrzeugführer, nicht etwa auch gegen Kraftfahrzeughalter angeordnet werden.

Im Rahmen einer Verteidigung gegen ein Fahrverbot ist zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbots vorliegen, das Fahrverbot mithin zu Recht verhängt wurde. Ist dies der Fall, sollte geprüft werden, ob die Voraussetzungen für ein Absehen vom Fahrverbot vorliegen.

Gemäß § 25 Abs. 1 StVG darf ein Fahrverbot nur angeordnet werden, wenn ein Fahrzeugführer grob oder beharrlich gegen Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verstoßen hat.

1. Grobe Pflichtverletzungen

Grobe Pflichtverletzungen im Sinne von § 25 Abs. 1 StVG sind solche, die objektiv immer wieder die Ursache schwerer Unfälle bilden und subjektiv auf besonders großen Leichtsinn, grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruhen. Hierzu gehören insbesondere Geschwindigkeitsverstöße ab einer gewissen Erheblichkeit, Abstands- und Rotlichtverstöße sowie das Wenden auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen.

Die Bußgeldkatalogverordnung sieht insoweit Standardtatbestände vor, bei deren Vorliegen in der Regel ein Fahrverbot von ein bis drei Monaten zu verhängen ist. Jedoch können Fahrverbote auch in bei anderen Bußgeldtatbeständen verhängt werden.

Damit ein Fahrverbot verhängt werden kann, muss sowohl der objektive Tatbestand als auch ein subjektiv schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegen. Das Vorliegen des objektiven Tatbestandes allein genügt nicht. Es muss vielmehr – auch bei den Katalogtaten der Bußgeldkataloverordnung – geprüft werden, ob die Verhängung eines Fahrverbotes auch im Hinblick auf die subjektive Vorwerfbarkeit der Tat im Einzelfall angemessen ist.

Im Gegensatz zur Entziehung der Fahrerlaubnis soll ein Fahrverbot nicht etwa die Allgemeinheit vor ungeeigneten Kraftfahrern schützen, sondern es soll allein einen „Denkzettel“ für den Betroffenen darstellen. Es stellt mithin eine Art „Erziehungsmaßnahme“ dar, um den Betroffenen zu einem verantwortungsbewussteren Verhalten anzuhalten. Hat der Betroffene sich nur eine geringe Pflichtwidrigkeit zuschulden kommen lassen, so ist die Verhängung eines Fahrverbots nicht angemessen, auch wenn objektiv ein erheblicher Verkehrsverstoß begangen wurde, der gemäß der Bußgeldkatalogverordnung mit einem Regelfahrverbot belegt wäre. Das Bundesverfassungsgericht führt in seinem Beschluss vom 24.03.96 aus:

„Der Richter ist an die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht gebunden. Ihm bleibt vielmehr, im Rahmen einer Gesamtwürdigung unter Abwägung der Umstände des Einzelfalles in objektiver und subjektiver Hinsicht zu bestimmen, ob das gesamte Tatbild vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in solchem Maße abweicht, dass das Fahrverbot unangemessen wäre, mithin eine unverhältnismäßige Reaktion auf objektiv verwirklichtes Unrecht und subjektiv vorwerfbares Verhalten darstellte.“

Bei der Verwirklichung von Bußgeldtatbeständen, in denen in der Bußgeldkatalogverordnung ein Regelfahrverbot vorgesehen ist, legen die Obergerichte jedoch strenge Maßstäbe an. Näheres hierzu in dem Artikel „Absehen vom Fahrverbot„.

2. Beharrliche Pflichtverletzungen

Eine beharrliche Pflichtverletzung liegt vor, wenn der Betroffene durch Wiederholung einen Mangel an rechtstreuer Gesinnung und Einsicht in früheres Unrecht offenbart. Ein Fahrverbot bei beharrlichen Pflichtverletzungen setzt keine groben Verletzungen voraus, es kann also auch bei Vorliegen mehrerer – an sich geringfügiger – Vorfälle verhängt werden. Es ist jedoch zu fordern, dass zwischen den einzelnen Verstößen zumindest ein innerer Zusammenhang besteht.

3. Umfang des Fahrverbots

Nach § 25 Abs. 1 StVG gilt das Fahrverbot für Fahrzeuge „jeder oder einer bestimmten Art“. Wird im Bußgeldbescheid einfach nur ein Fahrverbot angeordnet, ohne dass von bestimmten Kraftfahrzeugarten die Rede ist, gilt das Fahrverbot für Kraftfahrzeuge jeder Art, also auch für die nicht erlaubnispflichtigen (Mofas). Eine Einschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten muss im Bußgeldbescheid zum Ausdruck kommen.

Ein Fahrverbot reicht somit weiter als die Entziehung der Fahrerlaubnis. Während sich die Entziehung der Fahrerlaubnis nur auf das Führen erlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge bezieht, betrifft ein Fahrverbot in der Regel alle Arten von Kraftfahrzeugen.

4. Ordnungsgemäße Begründung

Dem Bußgeldurteil des Amtsgerichts muss sich entnehmen lassen, dass der Tatrichter sich der Möglichkeit bewusst gewesen ist, gegen eine Erhöhung der Geldbuße von einem Regelfahrverbot absehen zu können. Wenn hierzu Ausführungen im Urteil fehlen, kann das auf Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu einer Aufhebung des Urteils führen (OLG Hamm, Beschl. v. 30.11.99).


Rechtsprechung:

  • BGH – Beschluss vom 16.12.15 – 4 StR 227/15: Bei der Entscheidung über zwei in Tatmehrheit stehende Ordnungswidrigkeiten, die jeweils mit einem Fahrverbot geahndet werden können, ist nur ein einheitliches Fahrverbot festzusetzen.
  • KG Berlin – Beschluss vom 05.09.07: 1. Ein Fahrverbot kann seinen Sinn verloren haben, wenn die zu ahndende Tat lange zurückliegt, die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen liegen und der Betroffene sich in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten hat. 2. Der Sinn eines Fahrverbots dürfte zumindest dann in Frage zu stellen sein, wenn die zu ahndende Tat mehr als zwei Jahre zurückliegt.
  • KG Berlin – Beschluss vom 22.08.07: Zum Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots wegen beharrlicher Pflichtenverletzungen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung vom 23 km/h, wenn vier Voreintragungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen von 23, 34, 23 und 36 km/h vorliegen.
  • OLG Hamm – Beschluss vom 19.08.08: Soll vom Regelfall der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden, so bedarf es wegen der grundsätzlich gebotenen Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer einer besonders eingehenden und sorgfältigen Überprüfung der Einlassung eines Betroffenen, um das missbräuchliche Behaupten eines solchen Ausnahmefalles auszuschließen und auch dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung der richtigen Rechtsanwendung zu ermöglichen. / Allein der Wunsch des Betroffenen, schnellstmöglich zur bevorstehenden Geburt seiner Kinder ins Krankenhaus zu gelangen, um seiner Frau beizustehen, rechtfertigt nicht die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
  • OLG Hamm – Beschluss vom 30.10.06: Berufliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten als Folge des angeordneten Fahrverbotes, wie z.B. die Inanspruchnahme von Urlaub sowie die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxen sind als selbstverschuldet hinzunehmen. Sie reichen nicht aus, um von der Verhängung eines Regelfahrverbots abzusehen. Notfalls muss ein Kredit aufgenommen werden.
  • BVerfG – Kammerbeschluss vom 24.03.96: Die Bußgeldkatalogverordnung ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die in der Verordnung vorgesehenen Regelbeispiele für Fahrverbote haben jedoch nur Indizwirkung.
  • AG Lüdinghausen – Urteil vom 06.05.08: Bei einer Verurteilung zu einer Geldbuße wegen einer Tat nach § 24a Abs. 1 StVG kann von der Verhängung eines „deklaratorischen“ Fahrverbots abgesehen werden.
  • OLG Hamm – Beschluss vom 30.11.99 – Es ist daran festzuhalten, dass sich dem tatrichterlichen Urteil entnehmen lassen muß, dass der Tatrichter sich der Möglichkeit bewusst gewesen ist, gegen eine Erhöhung der Geldbuße von einem Regelfahrverbot absehen zu können.

Schlagwörter: