Das Oberlandesgericht Zweibrücken vertritt in seinem Beschluss vom 25.08.11 die Auffassung, dass nach einem Ablauf von einem Jahr und neun Monaten nach der Tat ein Fahrverbot als Warnungs- und Besinnungsstrafe nicht mehr geeignet ist. Etwas anderes könne nur gelten, wenn der erhebliche Zeitablauf zwischen der Tat und der Verhängung des Fahrverbots dem Betroffenen anzulasten sei.
In seinem Beschluss vom 01.09.09 führt das Oberlandesgericht Hamm zur Möglichkeit des Absehens von einem Fahrverbot bei langer Verfahrensdauer folgendes aus:
„Mit rechtsfehlerhaften Erwägungen verneint das Amtsgericht schließlich eine Beachtlichkeit der erheblichen Verfahrensdauer von inzwischen 29 Monaten (21 Monate zur Zeit der Urteilsverkündung).
Da das Fahrverbot gem. § 25 I 1 StVG nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie als Denkzettel – und Besinnungsmaßnahme mit erzieherischer Funktion gedacht und ausgeformt ist (BVerfG, NJW 1969, 1624), kann es seinen Sinn verlieren, wenn zwischen dem Verkehrsverstoß und dem Wirksamwerden seiner Anordnung ein erheblicher Zeitraum liegt, und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten festgestellt worden ist (Bay OLG, NZV 2004, 210). Die obergerichtliche Rechtsprechung sieht es vor, vor diesem Hintergrund i.d.R. als notwendig an, das Fahrverbot in Frage zu stellen, wenn die Tat bis zur Rechtskraft der Entscheidung mehr als zwei Jahre zurückliegt (Bay OLG, NStZ – RR 2004, 57; OLG Naumburg, ZfS 2003, 96).
Dies ist vorliegend der Fall. Außerdem ist der Betroffene seit seiner Verurteilung nicht mehr straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten.
Von dem Regelfahrverbot ist jedoch trotz Überschreitung der „2-Jahres-Grenze“ keinesfalls automatisch abzusehen, da dieser Zeitrahmen nur ein Anhaltspunkt dafür ist, dass der Tatrichter die Frage, ob das Fahrverbot noch seinen Zweck erfüllen kann, besonders eingehend zu prüfen hat (Bay OLG a.a.O.). Insbesondere sind die Ursachen der langen Verfahrensdauer mit zu berücksichtigen (OLG Köln, NZV 2000, 430), wobei es entscheidend darauf ankommt, ob die Verfahrensverzögerung im Einflussbereich des Betroffenen lag oder die Folge gerichtlicher oder behördlicher Abläufe sind ( Bay OLG, NZV 2004, 210).
Soweit das Amtsgericht dem Betroffenen die erhebliche Verfahrensdauer mit dem Argument anlastet, sie beruhe im Wesentlichen auf dem vom Betroffenen gestellten Beweisantrag, wäre diese Erwägung nur dann nicht zu beanstanden, wenn sich aus den Urteilsgründen ergäbe, dass der Beweisantrag im Nachhinein die Wertung rechtfertigt, der Betroffene habe ihn „aufs Geratewohl“, „ins Blaue hinein“ gestellt (OLG Köln, a.a.O.).
Macht der Betroffene dagegen von seinen prozessualen Möglichkeiten in ordnungsgemäßer Weise Gebrauch, kann dies nicht dazu führen, die erhebliche Verfahrensdauer allein seinem Einflussbereich zuzuordnen.
Vor diesem Hintergrund belegen die Feststellungen des angefochtenen Urteils kein rechtsmissbräuchliches Prozessverhalten des Betroffenen. Der Beweisantrag hat zwar letztlich zu einem für den Betroffenen nachteiligen Ergebnis geführt, doch kann allein daraus nicht der Schluss gezogen werden, der Beweisantrag sei „aufs Geratewohl“ gestellt worden“
Das OLG Stuttgart sieht eine Verfahrensdauer von zwei Jahren als die Grenze an, ab der ein Fahrverbot seinen Sinn verliert (Beschl. v. 19.01.17). Weiterhin verlangt das OLG, dass der Betroffene in der Zwischenzeit nicht verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist und die Verfahrensverzögerung nicht von ihm selbst zu verantworten ist.
Rechtsprechung zum Absehen vom Fahrverbot wegen langer Verfahrensdauer