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Absehen vom Fahrverbot – Möglichkeiten und Voraussetzungen

Absehen vom Fahrverbot

Ein Fahrverbot, das im Bußgeld- oder Strafverfahren verhängt werden kann, dient primär als Warn- und Besinnungsmaßnahme und nicht als Mittel zur Verkehrssicherheit. Wer ein Absehen vom Fahrverbot beantragen möchte, sollte diesen Aspekt bei der Argumentation gegenüber den Behörden gezielt berücksichtigen.

Normalfall

Wenn ein Regelfall für ein Fahrverbot vorliegt, gehen die Behörden und Gerichte davon aus, dass es notwendig ist, um den Betroffenen zu beeinflussen. Gleichzeitig betrachten sie die Folgen des Fahrverbots als zumutbar. Da diese Verstöße eine hohe Gefährdung mit sich bringen, halten sie ein Fahrverbot meist für erforderlich.

Absehen stellt eine Ausnahme dar

Das Absehen vom Fahrverbot stellt daher eine Ausnahme dar. In der Rechtsprechung hat sich eine Reihe von Fallgruppen herausgebildet, unter denen einzelne Gründe für ein Absehen vom Fahrverbot zusammengefaßt wurden.

  • Allgemeine Voraussetzungen

In Bußgeldsachen kann nach § 4 Abs. 4 BKatV von der Anordnung eines Fahrverbots unter Erhöhung der Geldbuße abgesehen werden. Diese Regelung bietet sich insbesondere in folgenden Fällen an:

    • Der Betroffene ist Ersttäter (keine Eintragungen im FAER)
    • Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen sind durchschnittlich
    • Die Tat wurde fahrlässig begangen
    • Die Regelgeldbuße für den Verstoß ist so niedrig, dass sie bis zur gesetzlichen Höchstgrenze erhöht werden kann

Auch im Strafverfahren kann vom Fahrverbot abgesehen werden.

Wenn der Betroffene durch das Fahrverbot seinen Arbeitsplatz verliert oder sein Unternehmen nicht weiterführen kann, kann eine Ausnahme gerechtfertigt sein. Dies betrifft insbesondere Berufsgruppen wie Außendienstmitarbeiter, Handwerker und Selbstständige.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen können ebenfalls ein Grund sein, wenn der Betroffene auf sein Fahrzeug angewiesen ist. Dies betrifft beispielsweise mobilitätseingeschränkte Personen oder chronisch Kranke, die regelmäßige Arztbesuche mit dem Auto absolvieren müssen.

Hat sich das Verfahren über eine lange Zeit hingezogen und hat sich der Betroffene in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten, kann das Fahrverbot seinen erzieherischen Zweck verloren haben. Eine Verzögerung von zwei Jahren oder mehr kann hier eine Rolle spielen.

Fehlerhafte Messungen oder Verstöße gegen die amtlichen Verwaltungsrichtlinien bei der Geschwindigkeitsmessung oder Rotlichtüberwachung können dazu führen, dass das Fahrverbot aufgehoben wird.

Ein sogenanntes Augenblicksversagen, bei dem der Betroffene eine Verkehrssituation fehlerhaft, aber entschuldbar falsch eingeschätzt hat, kann ein mildernder Umstand sein. Hierzu zählen z. B. das kurzfristige Übersehen eines Verkehrsschildes oder eine unübersichtliche Verkehrslage.

Wenn das Fahrverbot aufgrund eines Verkehrsverstoßes verhängt wurde, der in einer Notlage erfolgte (z. B. ein medizinischer Notfall), kann dies zur Aufhebung des Fahrverbots führen.

Wird eine Verkehrsüberschreitung begangen, weil der Fahrer sich unbewusst dem Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer angepasst hat („Mitzieheffekt“), kann dies im Einzelfall berücksichtigt werden.

Liegt keine konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer vor (z. B. auf einer leeren Autobahn ohne Gefährdung Dritter), kann das Fahrverbot unangemessen sein.

Wenn die Erziehungswirkung bereits durch eine erhöhte Geldbuße erreicht werden kann, ist ein Fahrverbot möglicherweise nicht erforderlich.

Die freiwillige Teilnahme an verkehrspsychologischen Schulungen oder anderen Maßnahmen zur Verbesserung des Fahrverhaltens kann als Argument für den Verzicht auf das Fahrverbot herangezogen werden.

Es gibt mithin zahlreiche rechtliche Möglichkeiten, ein Fahrverbot abzuwenden. Sowohl auf Tatbestandsebene als auch bei den Rechtsfolgen existieren diverse Verteidigungsansätze, die sorgfältig geprüft werden sollten. Die Erfolgsaussichten sind jedoch stark vom Einzelfall abhängig und sollten durch geeignete Beweismittel, wie Zeugenaussagen, Bescheinigungen oder sonstige Unterlagen untermauert werden.


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