Ein Fahrverbot kann erhebliche Auswirkungen auf Beruf, Familie und Alltag haben – insbesondere für Berufskraftfahrer oder Selbstständige, die auf ihre Mobilität angewiesen sind. Doch unter bestimmten Umständen besteht die Möglichkeit, trotz eines Verkehrsverstoßes vom Fahrverbot abzusehen.
Das Fahrverbot dient in erster Linie der erzieherischen Einwirkung auf den Betroffenen – die Gerichte sprechen hier von der sogenannten Besinnungsfunktion. Ziel ist es, den Verkehrssünder zu einem künftig verkehrsgerechten Verhalten anzuhalten.
Allerdings hat das Oberlandesgericht Hamm in einem Beschluss vom 03.07.2006 klargestellt:
„Der Senat hat schon wiederholt darauf hingewiesen, dass die mit dem Fahrverbot gewünschte Erziehungswirkung auch mit einer empfindlicheren Geldbuße erreicht werden kann.
Mit anderen Worten: Wenn der gewünschte erzieherische Effekt auch durch eine empfindlich erhöhte Geldbuße erreicht werden kann, ist ein Fahrverbot nicht zwingend erforderlich.
Keine wirtschaftliche Härte erforderlich
Ein wesentlicher Vorteil dieser Argumentationslinie ist, dass sie nicht zwingend auf wirtschaftliche oder berufliche Härten gestützt werden muss. Selbst wenn also keine außergewöhnlichen Belastungen durch das Fahrverbot vorliegen – etwa weil der Betroffene kein Berufskraftfahrer ist – kann trotzdem ein Absehen vom Fahrverbot erreicht werden, wenn die Geldbuße entsprechend angehoben wird.
Voraussetzungen für das Absehen vom Fahrverbot
Eine Verteidigung gegen ein Fahrverbot mit dieser Strategie kann erfolgversprechend sein, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
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Erhebliche Erhöhung der Geldbuße:
Die Geldbuße muss spürbar angehoben werden. Eine bloße Verdopplung wurde vom OLG Hamm nicht als ausreichend angesehen. In der Praxis kann eine Vervielfachung notwendig sein, um die Besinnungsfunktion sicherzustellen. -
Beeindruckung des Betroffenen:
Es muss festgestellt werden, dass die erhöhte Geldbuße den Betroffenen tatsächlich trifft und zu einer erzieherischen Wirkung führt. Dafür ist es notwendig, Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu gewähren. Das Gericht prüft, ob die Sanktion den nötigen Eindruck hinterlässt, um künftiges Fehlverhalten zu verhindern. -
Keine Indizwirkung für beharrliche Pflichtverletzung:
Bei sogenannten beharrlichen Pflichtverstößen (z. B. wiederholte Geschwindigkeitsüberschreitungen) oder gravierenden Delikten (z. B. grob rücksichtsloses Verhalten) wird das Fahrverbot oftmals als zwingend angesehen. In solchen Fällen ist ein Absehen deutlich schwieriger, aber nicht ausgeschlossen.
Wie sollte man vorgehen?
Wer ein drohendes Fahrverbot abwenden möchte, sollte der Behörde oder dem Gericht hierzu etwas mitteilen. Die Argumentation sollte insbesondere folgendes enthalten:
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Darstellung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse,
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Antrag auf Absehen vom Fahrverbot unter Erhöhung der Geldbuße,
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Nachweis, dass die Erziehungswirkung auch durch die erhöhte Geldbuße erreichbar ist.
Ein Fahrverbot muss nicht in jedem Fall verhängt werden. Die Rechtsprechung zeigt, dass Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen bereit sind, auf ein Fahrverbot zu verzichten, wenn die Ziele der Maßnahme auch durch eine erhöhte Geldbuße erreicht werden. Diese Möglichkeit ist besonders interessant für Betroffene, die auf ihren Führerschein dringend angewiesen sind, aber keine ausreichenden wirtschaftlichen oder beruflichen Härtegründe nachweisen können.