Bei der erstmaligen Erteilung einer Fahrerlaubnis wird diese nach § 2a Abs. 1 StVG zunächst für zwei Jahre nur auf Probe erteilt. Dies gilt für alle Fahrerlaubnisklassen außer den Klassen M, L und T (§ 32 FeV). Die Probezeit beginnt mit dem Erwerb der Fahrerlaubnis. Sie muss nur einmal durchlaufen werden. Wird die Fahrerlaubnis während der Probezeit entzogen und später neu erteilt, wird die bereits abgeleistete Probezeit angerechnet.
1. Typ-A- und Typ-B-Verstöße
Während der Probezeit werden Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr besonders sanktioniert. Die relevanten Zuwiderhandlungen werden in schwerwiegende (Typ-A-Verstöße) und weniger schwerwiegende (Typ-B-Verstöße) eingeteilt.
Typ-A-Verstöße sind z.B. bestimmte Straftaten wie Unfallflucht, Nötigung, Trunkenheitsfahrt, Gefährdung des Straßenverkehrs, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Fahren trotz Fahrverbot (§ 21 StVG) und Ordnungswidrigkeiten wie Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot, Geschwindigkeits- und Abstandsverstöße
Typ-B-Verstöße sind Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, die nicht als Typ-A-Verstoß gelten.
2. Sanktionen in der Probezeit
Für Zuwiderhandlungen in der Probezeit sind folgende Sanktionen vorgesehen. Zwei Typ-B-Verstöße sind dabei gleichbedeutend mit einem Typ-A-Verstoß.
a) Aufbauseminar
Nach einem Typ-A oder zwei Typ-B-Verstößen erlegt die Fahrerlaubnisbehörde dem Fahrerlaubnisinhaber auf, an einem Aufbauseminar teilzunehmen. Dieses Seminar kann in einer Fahrschule abgeleistet werden. Kommt der Fahrerlaubnisinhaber seiner Pflicht zur Teilnahme nicht nach, entzieht die Behörde ihm die Fahrerlaubnis. Die Probzeit ruht daraufhin. Um die Fahrerlaubnis wieder zu erhalten muss er einen Antrag auf Neuerteilung stellen. Die Behörde erteilt die Fahrerlaubnis neu, wenn der Bewerber an einem Nachschulungskurs teilgenommen hat.
Zusammen mit der Anordnung des Seminars wird die Probezeit auf vier Jahre verlängert.
b) Verwarnung
Nach einem weiteren Typ-A-Verstoß oder zwei weiteren Typ-B-Verstößen erteilt die Fahrerlaubnisbehörde eine Verwarnung. Außerdem hat sie ihm nahezulegen, innerhalb von zwei Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung nach § 2a Absatz 7 StVG teilzunehmen. Die Teilnahme ist freiwillig.
c) Entziehung
Begeht der Fahrerlaubnisinhaber nach Ablauf der in der Verwarnung gesetzten Frist von zwei Monaten einen weiteren Typ-A-Verstoß oder zwei Typ-B-Verstöße, wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Eine neue darf frühestens drei Monate nach Abgabe des Führerscheins erteilt werden. Ob die Behörde dem Bewerber im Neuerteilungsverfahren eine medizinisch-psychologischen Begutachtung auferlegt, bestimmt sich nach den §§ 11 – 14 FeV.
3. Besonderes Aufbauseminar
Von den o.g. Aufbauseminaren ist das sogenannte „besondere Aufbauseminar“ zu unterscheiden (§ 36 FeV). An einem besonderen Aufbauseminar nach den Regelungen über die Probezeit und dem Punktesystem ist insbesondere teilzunehmen, wenn eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat unter Alkohol- oder Drogeneinfluss begangen wurde. Diese Seminare führen der z.B. der TÜV und die DEKRA durch.
Wenn die Fahrerlaubnis wegen einer Fahrt in der Probezeit unter Alkoholeinfluss (BAK über 1,6 Promille) durch ein Gericht entzogen wurde, so hat der Antragsteller vor der Beibringung eines medizinisch psychologischen Gutachtens an einem besonderen Aufbauseminar teilzunehmen. Betrug die BAK unter 1,6 Promille, so entfällt zwar i.d.R. die MPU, an dem besonderen Aufbauseminar muss jedoch trotzdem teilgenommen werden.