AG Wuppertal - Beschluss vom 14.04.22

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Zum Inhalt der Entscheidung: 1. Kein bedeutender Fremdschaden, wenn dieser zunächst auf 1.250,-- € und später auf 1.500,-- € veranschlagt wird.

2. Es liegt kein Regelfall des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vor, wenn die Unfallbeteiligte Kontakt zu einem Mitarbeiter der Tankstelle, auf deren Gelände der Unfall geschah, aufnimmt, und wie angekündigt nach einer halben Stunde zum Unfallort zurückkehrt.

 

Amtsgericht Wuppertal

Beschluss vom 14.04.2022

27 Gs 15/22

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 21.03.2022, mit dem die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis der Beschuldigten angeordnet wurde, wird auf die Beschwerde vom 25.03.2022 aufgehoben.

 

Gründe

Zwar besteht vorliegend gegen die Beschuldigte der dringende Tatverdacht des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Die Verwirklichung dieses Tatbestands indiziert gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 3 in der Regel die Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs mit der Folge, dass im Falle einer Verurteilung die Fahrerlaubnis entzogen werden würde.

Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass der Täter weiß oder wissen kann, dass an fremden Sachen ein bedeutender Schaden eingetreten ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend schon nicht gegeben. Denn die Staatsanwaltschaft selbst ging zunächst von einer unklaren Schadenshöhe und einem nicht zwingend bedeutenden Schaden aus, wie sich aus dem Vermerk auf Bl. 38 d.A. ergibt. Danach wurde der Schaden auf mindestens 1.250,00 EUR geschätzt, nicht jedoch mindestens 1.500,00 EUR. Die Beschuldigte hatte keine anderen Erkenntnisquellen zur Verfügung und musste demnach nicht von einem bedeutenden Schaden ausgehen.

Darüber hinaus liegt hier ein atypischer Fall vor, der die Regelwirkung gerade nicht zeitigt. Denn die Beschuldigte hat vor dem Entfernen vom Unfallort Kontakt mit einem Mitarbeiter der Tankstelle gehabt, der sich ihr Kennzeichen notierte und dem sie mitteilte, kurz ihren Enkel wegbringen zu wollen und danach sofort zum Unfallort zurückzukehren. Etwa eine halbe Stunde später kehrte die Beschuldigte wie angekündigt an den Unfallort zurück. Ihre Tatbeteiligung stellte sie zu keinem Zeitpunkt in Abrede. Letztlich war das durch § 142 StGB geschützte Rechtsgut, nämlich das Interesse des Unfallgegners an einer Regulierung des Schadens, nicht gefährdet.

Vor diesem Hintergrund sind keine dringenden Gründe vorhanden für die Annahme, dass die Fahrerlaubnis als Ergebnis des Strafverfahrens entzogen werden wird. Auch erfordert es die Sicherheit der Allgemeinheit nicht, die Fahrerlaubnis der Beschuldigten vorläufig zu entziehen.