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Vorsatz im Straßenverkehr – Bedeutung im Straf- und Owi-Recht und im Zivilrecht

Vorsatz im Straßenverkehr

Im Verkehrsrecht hat der Begriff des Vorsatzes eine weitreichende Bedeutung. Wer im Straßenverkehr vorsätzlich gegen Gesetze verstößt, muss mit deutlich schärferen Konsequenzen rechnen – sei es im Strafrecht, im Bußgeldverfahren oder bei zivilrechtlichen Schadensersatzfragen. Während fahrlässiges Verhalten häufig zu milderen Sanktionen führt, kann vorsätzliches Handeln nicht nur zu höheren Geldstrafen, sondern auch zu Freiheitsstrafen, Fahrerlaubnisentzug und Versicherungsregress führen.


1. Was ist Vorsatz? Juristische Definition und Abgrenzung zur Fahrlässigkeit

Vorsatz liegt vor, wenn jemand bewusst und gewollt einen Erfolg herbeiführt. Dabei reicht bereits sogenannter Eventualvorsatz aus – also die Annahme, dass der Täter die Rechtsgutsverletzung für möglich hält und billigend in Kauf nimmt.

Beispiel für Eventualvorsatz:
Ein Autofahrer fährt mit überhöhter Geschwindigkeit in eine unübersichtliche Kurve, obwohl er weiß, dass dort häufig Fußgänger die Straße überqueren. Kommt es zum Unfall, kann ihm unter Umständen Vorsatz unterstellt werden – auch wenn er den Zusammenstoß nicht konkret gewollt, aber billigend in Kauf genommen hat.

Fahrlässigkeit hingegen bedeutet, dass jemand die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, ohne die Folgen tatsächlich zu wollen oder billigend in Kauf zu nehmen.


2. Vorsatz im Strafrecht – Strafschärfung bei vorsätzlichem Verhalten

Im Strafrecht führt Vorsatz im Regelfall zu einer härteren Bestrafung als Fahrlässigkeit. Einige Delikte im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr setzen vorsätzliches Handeln voraus.

Typische vorsätzliche Straftaten im Straßenverkehr:

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB – Unfallflucht):

Ein Verkehrsteilnehmer verursacht einen Unfall und entfernt sich bewusst vom Unfallort, ohne die Feststellung seiner Personalien zu ermöglichen. Ist nachweisbar, dass er wusste (oder billigend in Kauf nahm), dass ein Schaden entstanden ist, liegt Vorsatz vor.

Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB):

Wer durch grobe Verkehrsverstöße vorsätzlich Leib oder Leben eines anderen gefährdet, macht sich strafbar. Eine Straßenverkehrsgefährdung kann vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden.

Körperverletzung (§ 223 StGB) im Straßenverkehr:

Kommt es infolge eines vorsätzlichen Verkehrsverhaltens (z. B. durch rücksichtsloses Drängeln oder Ausbremsen) zu einer Verletzung, kann zusätzlich eine Anklage wegen vorsätzlicher Körperverletzung erfolgen.

Nötigung (§ 240 StGB):

Wer andere Verkehrsteilnehmer durch aggressives Fahrverhalten (z. B. dichtes Auffahren, Lichthupe, Blockieren der Spur) nötigt, macht sich strafbar.


3. Vorsatz im Bußgeldrecht – Verdoppelung der Sanktion bei vorsätzlichem Verhalten

Im Ordnungswidrigkeitenrecht ist in der Regel fahrlässiges Verhalten für ein Bußgeld ausreichend. Wird jedoch vorsätzlich gehandelt, sieht die Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) in § 3 Abs. 4 vor, dass das Bußgeld verdoppelt werden kann. Die Regelsätze des Bußgeldkataloges (BKat) gehen von fahrlässiger Begehungsweise aus.

Beispiele für vorsätzliches Verhalten im Bußgeldverfahren:

🚗 Vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung:

Ein Autofahrer kennt die zulässige Höchstgeschwindigkeit genau, ignoriert diese aber bewusst – z. B. nach mehreren Hinweisschildern oder einer vorangegangenen Verwarnung. Die Obergerichte schließen aus besonders hohen Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (ab 40%) im Regelfall auf eine vorsätzliche Begehung.

🚦 Vorsätzlicher Rotlichtverstoß:

Der Fahrer erkennt die rote Ampel, beschleunigt aber absichtlich, um noch „durchzukommen“. Auch hier kann Vorsatz unterstellt und das Bußgeld verdoppelt werden.

🚫 Handyverbot

Der Tatbestand des unerlaubten Benutzens eines elektronischen Geräts während der Fahrt (§ 23 Abs. 1a StVO) kann nur vorsätzlich begangen werden. Hier droht also keine Verdoppelung des Bußgelds.


4. Vorsatz im Zivilrecht – Schadenersatz, Regressforderungen und Versicherungsausschluss

Auch im Zivilrecht spielt Vorsatz eine wichtige Rolle – insbesondere im Zusammenhang mit Unfällen und Versicherungsansprüchen.

Vorsätzlich verursachter Unfall: Rechtsfolgen im Zivilrecht

🔴 Keine Leistung durch die Kaskoversicherung (§ 81 VVG):

Hat der Versicherungsnehmer einen Unfall vorsätzlich herbeigeführt, etwa um sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen („Unfall inszeniert“), verliert er seinen Versicherungsschutz. Die Kaskoversicherung kann die Leistung in diesem Fall verweigern.

🔴 Haftpflichtversicherung kann Regress nehmen:

Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist gesetzlich verpflichtet, Geschädigte zu entschädigen. Wenn der Fahrer den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, ist sie für die Ansprüche gegen diesen zwar nicht eintrittspflichtig, sie kann jedoch aufgrund der daneben bestehenden Haftung des personenverschiedenen Halters dennoch gegenüber dem Geschädigten eintrittspflichtig sein. In diesem Fall kann die Versicherung gegen den Fahrer Regress nehmen. Falls Fahrer und Halter dieselbe Person sind, ist die Versicherung bei vorsätzlich verursachten Schäden nicht eintrittspflichtig, in diesem Fall kann der Geschädigte sich an die Verkehrsopferhilfe wenden.


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