Das Reißverschlussverfahren ist eine Verkehrsregelung, die in § 7 Abs. 4 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verankert ist. Diese Regel kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn eine Fahrbahn aufgrund einer Baustelle, eines Unfalls oder einer Spurverengung endet und sich der Verkehr von zwei Fahrstreifen auf einen verengt. Das Reißverschlussverfahren sorgt in solchen Situationen für einen gleichmäßigen und flüssigen Verkehrsfluss.
Gemäß § 7 Abs. 4 StVO gilt das Reißverschlussverfahren dann, wenn eine Fahrspur endet. Die gesetzliche Regelung besagt:
(4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).
Das Ziel des Reißverschlussverfahrens ist es, Staus und Verkehrsbehinderungen an Engstellen zu minimieren. Dabei sollen die Fahrzeuge auf den endenden Fahrstreifen so lange wie möglich auf ihrer Spur bleiben und erst kurz vor der Engstelle abwechselnd in den durchgehenden Verkehr einfädeln. Diese abwechselnde Einordnung der Fahrzeuge gleicht der Funktionsweise eines Reißverschlusses – daher der Name.
Das Verfahren hat zwei zentrale Vorteile:
Effizienz: Der Verkehrsfluss bleibt gleichmäßig, da beide Fahrspuren bis zur Verengung genutzt werden.
Sicherheit: Eine vorzeitige Einordnung auf den durchgehenden Fahrstreifen, oft als „frühes Einfädeln“ bezeichnet, führt oft zu abrupten Brems- und Ausweichmanövern, die das Unfallrisiko erhöhen. Das Reißverschlussverfahren hingegen fördert ein koordiniertes und geordnetes Einfädeln.
Um das Reißverschlussverfahren korrekt anzuwenden, sollten Verkehrsteilnehmer folgende Punkte beachten:
Spur bis zur Engstelle nutzen: Fahrzeuge auf dem endenden Fahrstreifen sollen ihre Spur bis unmittelbar zur Engstelle beibehalten. Ein zu frühes Wechseln auf die durchgehende Spur führt oft zu einer Verlangsamung des Verkehrsflusses.
Abwechselndes Einfädeln: Unmittelbar vor der Engstelle fädelt sich ein Fahrzeug vom endenden Fahrstreifen in die verbleibende Spur ein. Die Fahrer auf der durchgehenden Spur müssen das Einfädeln zulassen, indem sie in regelmäßigen Abständen Platz lassen.
Rücksichtnahme: Gegenseitige Rücksichtnahme ist im Straßenverkehr von großer Bedeutung. Im Reißverschlussverfahren muss jeder Fahrer bereit sein, einen anderen Verkehrsteilnehmer einfädeln zu lassen, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.
Typische Missverständnisse
Obwohl das Reißverschlussverfahren in der StVO eindeutig geregelt ist, kommt es in der Praxis häufig zu Missverständnissen und Fehlverhalten. Einige typische Fehler sind:
Zu frühes Einfädeln: Viele Fahrer wechseln zu früh auf den durchgehenden Fahrstreifen, was zu einer ineffizienten Nutzung der Fahrspuren und längeren Staus führt.
Verweigerung des Einfädelns: Manche Autofahrer auf der durchgehenden Spur lassen das Einfädeln nicht zu oder reagieren aggressiv, wenn Fahrzeuge vom endenden Fahrstreifen versuchen, sich einzureihen.
Ignorieren der Reißverschlussregel: Einige Fahrer auf dem endenden Fahrstreifen drängen sich zu spät oder unkoordiniert in den durchgehenden Verkehr, was zu riskanten Situationen führen kann.
Rechtsprechung zum Reißverschlussverfahren:
- OLG Brandenburg – Urteil vom 25.07.24: 1. Bei einem Fahrstreifenwechsel im Rahmen des Reißverschlussverfahrens muss die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sein. 2. Die Fahrzeugführer auf dem durchgehenden Fahrstreifen haben den Fahrstreifenwechsel im Rahmen des Reißverschlussverfahrens zu ermöglichen. Allerdings haben sich die Fahrzeugführer erst unmittelbar am Beginn der Verengung einzuordnen