Ein häufiger Grund für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist der Konsum von Alkohol im Straßenverkehr. Dabei geht es nicht nur um das sprichwörtliche „Glas zu viel“. Vielmehr zieht das Fahrerlaubnisrecht klare Grenzen und unterscheidet zwischen Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit – mit jeweils unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen.
Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch – Was sagt das Recht?
Die Grundlage für die Einschätzung, ob eine Person alkoholbedingt nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, liefern die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung. Diese Leitlinien enthalten wissenschaftlich fundierte Kriterien zur Beurteilung der Fahreignung.
Alkoholabhängigkeit
Laut den Leitlinien liegt eine Alkoholabhängigkeit dann vor, wenn innerhalb des letzten Jahres mindestens drei der folgenden Merkmale festgestellt werden:
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Starkes Verlangen oder Zwang zum Alkoholkonsum
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Kontrollverlust über Beginn, Ende oder Menge des Alkoholkonsums
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Entzugssymptome bei Reduktion oder Absetzen des Alkohols
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Toleranzentwicklung – d.h. immer höhere Dosen nötig für gleiche Wirkung
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Vernachlässigung anderer Lebensbereiche zugunsten des Konsums
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Fortgesetzter Konsum trotz nachweislich schädlicher Folgen (z. B. Leber- oder Hirnschäden)
Alkoholmissbrauch
Von Alkoholmissbrauch spricht man insbesondere dann, wenn:
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wiederholt ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt wurde,
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bereits eine einmalige Fahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration (BAK) erfolgt ist oder
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die Aktenlage eine frühere alkoholbedingte Entgleisung im Straßenverkehr belegt.
Hierbei ist die Höhe der BAK allein nicht entscheidend – entscheidend ist das Verhalten im Straßenverkehr.
Promillegrenzen im Straßenverkehr und rechtliche Folgen
Die Konsequenzen des Alkoholkonsums im Straßenverkehr richten sich nach der Blutalkoholkonzentration (BAK) und dem konkreten Verhalten. Je höher der Wert – desto schärfer die Sanktionen:
Ab 0,3 ‰ BAK: Relativ fahruntüchtig
Bereits ab 0,3 ‰ kann eine Straftat vorliegen, wenn alkoholbedingte Ausfallerscheinungen beobachtet werden. Es genügt schon, wenn etwa beim Fahrradfahren die Kontrolle verloren geht.
Ab 0,5 ‰ BAK: Ordnungswidrigkeit
Ab diesem Wert wird das Führen eines Kraftfahrzeugs – unabhängig von Ausfallerscheinungen – als Ordnungswidrigkeit geahndet. Gleiches gilt ab 0,25 mg/l Atemalkoholkonzentration (AAK).
Ab 1,1 ‰ BAK: Absolute Fahruntüchtigkeit
Ab dieser Grenze gilt der Fahrzeugführer immer als absolut fahruntüchtig. Eine Strafbarkeit ist zwingend gegeben, selbst ohne Unfall oder Gefährdung.
Fahrrad: Achtung bei 1,6 ‰!
Beim Fahrradfahren gilt eine absolute Fahruntüchtigkeit ab 1,6 ‰ BAK oder 0,8 mg/l AAK. Dies zieht in der Regel die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) nach sich.
Warnung: Restalkohol wird oft unterschätzt
Viele unterschätzen den Einfluss von Restalkohol am Morgen danach. Strafbare Werte können schon deutlich unterhalb der bekannten 0,5 ‰-Grenze liegen.
Verwaltungsrechtliche Konsequenzen – Entziehung der Fahrerlaubnis
Unabhängig von einem Strafverfahren kann auch verwaltungsrechtlich die Fahrerlaubnis entzogen werden – etwa bei festgestellter Alkoholabhängigkeit oder -missbrauch. Eine Trunkenheitsfahrt ist dafür nicht zwingend erforderlich.
MPU-Anordnung
Eine MPU wird regelmäßig angeordnet, wenn:
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ein Fahrzeug mit einer BAK ab 1,6 ‰ geführt wurde (auch Fahrrad!)
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Hinweise auf Alkoholproblematik bestehen
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wiederholte Alkoholfahrten aktenkundig sind
Mitwirkungs- und Beweislast im Fahrerlaubnisverfahren
Bei der Prüfung der Fahreignung gelten klare Regeln zur Beweislast:
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Im Entziehungsverfahren liegt die Beweislast bei der Behörde. Können Zweifel an der Fahreignung nicht geklärt werden, darf die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden.
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Im Neuerteilungsverfahren (nach Entziehung) trägt der Antragsteller die volle Beweislast. Er muss die Fahreignung positiv nachweisen.
Wer einer berechtigt angeordneten MPU nicht nachkommt, riskiert den Entzug bzw. die Versagung der Fahrerlaubnis.