Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 14. Mai 2025 (Az. 1 S 94/24)
Wenn ein Auto schon einmal einen Unfallschaden hatte und später erneut beschädigt wird, stellt sich oft die Frage:
Muss die Versicherung dann überhaupt noch etwas zahlen?
Das Landgericht Ellwangen hat in einem aktuellen Urteil entschieden: Ja, unter bestimmten Voraussetzungen besteht auch beim „zweiten Unfall“ ein Anspruch auf Schadensersatz.
Was war passiert?
Ein Autofahrer war im Jahr 2020 an der hinteren linken Seite seines Audi A4 in einen Unfall verwickelt. Der Schaden wurde damals nicht vollständig repariert – er war nur oberflächlich, das Auto aber weiter fahrbereit.
Im Jahr 2022 kam es zu einem zweiten Unfall, bei dem genau dieselbe Stelle am Auto erneut beschädigt wurde. Der Kläger verkaufte das Fahrzeug nach dem zweiten Unfall für 1.455 Euro und forderte nun Schadensersatz vom Unfallverursacher.
Was hat das Gericht entschieden?
Das Gericht sprach dem Kläger 1.245 Euro Schadensersatz zu. Dabei war Folgendes entscheidend:
1. Neuer Schaden auch bei altem Vorschaden möglich
Obwohl das Auto an derselben Stelle schon früher beschädigt war, entstand durch den zweiten Unfall ein weiterer Schaden. Das konnte ein unabhängiger Gutachter klar feststellen:
Ein Teil, das vorher nur verkratzt war, musste nun komplett ausgetauscht werden.
2. Schadenshöhe wird durch Vergleich des Fahrzeugwerts berechnet
Das Gericht hat berechnet, wie viel das Auto vor dem zweiten Unfall noch wert war (2.700 €) und wie viel es nach dem Unfall noch gebracht hat (1.455 €).
Die Differenz: 1.245 € – dieser Betrag ist zu ersetzen.
3. Frühere Überzahlung spielt keine Rolle
Der Unfallgegner wollte den Schadensersatz kürzen, weil der Kläger im ersten Unfalljahr 2020 wohl zu viel von der damaligen Versicherung bekommen hatte.
Das hat das Gericht aber abgelehnt: Eine frühere Überzahlung darf nicht einfach vom neuen Schaden abgezogen werden.
4. Kein „Strafabzug“, weil der alte Schaden nicht genannt wurde
Auch wenn der Kläger den Vorschaden bei seinem Gutachter nicht erwähnt hatte: Das Gericht sieht darin keinen Grund, den Anspruch zu kürzen oder ganz abzulehnen. So etwas sei im Zivilrecht nicht vorgesehen.
Was bedeutet das für Sie als Autofahrer?
Wenn Ihr Fahrzeug vor einem Unfall bereits beschädigt war, bedeutet das nicht automatisch, dass Sie beim nächsten Unfall leer ausgehen.
Wichtig ist nur, dass ein zusätzlicher Schaden nachgewiesen werden kann.
Das Urteil zeigt auch: Alte Zahlungen anderer Versicherer müssen nicht auf neue Ansprüche angerechnet werden, wenn kein direkter Zusammenhang besteht.