Zum Inhalt springen
Startseite | Aktuelles | Nachrichten | Aktuelles aus dem Verkehrsrecht: OLG Brandenburg – Gericht muss Zusagen im Vorfeld der Hauptverhandlung ernst nehmen

Aktuelles aus dem Verkehrsrecht: OLG Brandenburg – Gericht muss Zusagen im Vorfeld der Hauptverhandlung ernst nehmen

Verkehrspsychologische Maßnahme

OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.04.2025 – 2 ORbs 32/25

In einem bemerkenswerten Beschluss hat das Brandenburgische Oberlandesgericht entschieden, dass ein Gericht sich mit dem Verteidigungsvorbringen auch dann auseinandersetzen muss, wenn dieses auf einem vor der Hauptverhandlung geführten Gespräch mit dem Vorsitzenden beruht. Unterbleibt diese Würdigung, kann eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorliegen – mit der Folge, dass der Rechtsfolgenausspruch aufgehoben wird.

Der Fall im Überblick

Dem Betroffenen wurde eine fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h innerorts vorgeworfen. Die Geldbuße: 115 €. Vor der Hauptverhandlung hatte der Verteidiger mit dem Vorsitzenden des Amtsgerichts telefonisch über die Möglichkeit einer Bußgeldreduzierung gesprochen. Im Raum stand: Bei Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Maßnahme könne eine Milderung erfolgen.

Der Betroffene nahm daraufhin an einer solchen Maßnahme teil, und die Bescheinigung wurde zur Hauptverhandlung vorgelegt. Das Amtsgericht ging jedoch nicht auf das Vorbringen ein, bestritt den Gesprächsinhalt und setzte ohne nähere Begründung die Regelgeldbuße fest. Ein Antrag auf Aussetzung der Hauptverhandlung, um die unerwartete Entwicklung mit dem Mandanten zu besprechen, wurde abgelehnt.

Entscheidung des OLG Brandenburg

Das OLG Brandenburg sah hierin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG. Es fehle an einer individuell begründeten Zumessungsentscheidung, da das Gericht sich nicht mit dem zentralen Verteidigungsvorbringen – gestützt auf ein Gespräch mit dem Gericht selbst – befasst habe.

Zwar sei eine freiwillige Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Maßnahme nicht automatisch bußgeldmindernd, sie könne jedoch unter Berücksichtigung weiterer Umstände einen Abschlag rechtfertigen. Entscheidend sei, dass sich das Gericht überhaupt mit dem Vorbringen auseinandersetzen müsse – insbesondere, wenn dieses auf einer vorab gegebenen gerichtlichen Einschätzung beruht.

Was bedeutet das für Betroffene?

Dieser Fall zeigt deutlich: Vertrauen auf ein gerichtliches Gespräch vor der Hauptverhandlung muss geschützt werden. Wird eine Maßnahme – wie hier – auf Anraten des Gerichts durchgeführt, muss das Gericht sich in der Hauptverhandlung auch mit den Folgen befassen.

Für Betroffene gilt: Rechtsmittel können erfolgreich sein, wenn ein zentrales Verteidigungsvorbringen unbeachtet bleibt – insbesondere, wenn dieses auf einem Vertrauensschutz gründet. Eine gut dokumentierte verkehrspsychologische Maßnahme kann im Einzelfall bußgeldmindernd wirken, vor allem bei frühzeitigem Engagement