Beschluss vom 29.11.2024 – III-1 ORBs 280/24
Ein Beschluss des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln) vom 29.11.2024 bringt mehr Klarheit zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung bei Rotlichtverstößen, die mit älteren Messsystemen – hier dem Traffipax Traffiphot III – festgestellt werden. Die Entscheidung hat erhebliche Praxisrelevanz für Verteidiger in Bußgeldverfahren und betroffene Kraftfahrer, insbesondere wenn ein Fahrverbot im Raum steht.
⚖️ Der Fall: Rotlichtverstoß knapp über der 1-Sekunden-Grenze
Die Betroffene wurde vom Amtsgericht Aachen zu einer Geldbuße von 200 € und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt, da sie angeblich bei 1,01 Sekunden Rotlicht eine Kreuzung überfahren habe. Der Rotlichtverstoß wurde durch eine Traffipax Traffiphot III-Anlage dokumentiert. Die Betroffene legte Rechtsbeschwerde ein – mit Erfolg.
📸 Standardisiertes Messverfahren – mit Einschränkung
Grundsätzlich handelt es sich bei der Traffipax Traffiphot III um ein standardisiertes Messverfahren. Das bedeutet: Die Gerichte dürfen sich im Urteil regelmäßig auf die Angabe des Gerätetyps und der gemessenen Rotlichtzeit beschränken.
Aber: Das gilt nur, wenn die Messung direkt an der Haltelinie erfolgt. Bei älteren Systemen wie Traffiphot III ist das nicht der Fall – hier wird das erste Beweisfoto erst beim Überfahren der ersten Induktionsschleife ausgelöst, nicht direkt an der Haltelinie.
⏱️ Die Rückrechnung ist Pflicht – und muss nachvollziehbar sein
Da die rechtlich relevante Rotlichtzeit ab dem Überfahren der Haltelinie beginnt, muss in diesen Fällen eine manuelle Rückrechnung erfolgen. Dazu gehört insbesondere:
- Die Berechnung der Fahrzeit zwischen Haltelinie und erster Schleife
- Die Berücksichtigung der Lampenverzögerungszeit
- Die rekonstruierte Geschwindigkeit des Fahrzeugs
- Die Angabe konkreter Berechnungsparameter
Im vorliegenden Fall fehlten diese Angaben. Das Amtsgericht verwies lediglich pauschal auf Berechnungen in der Akte, ohne deren Grundlage offenzulegen. Das genügt nach Ansicht des OLG Köln nicht den Anforderungen an eine überprüfbare Beweiswürdigung – insbesondere, da es sich hier um einen Grenzfall mit erheblichen Rechtsfolgen (Fahrverbot) handelte.
🔁 Entscheidung des OLG Köln: Urteil aufgehoben, Sache geht zurück
Das OLG Köln hob das Urteil auf und verwies die Sache an das Amtsgericht Aachen zurück.
🧑⚖️ Was bedeutet das für Betroffene?
Für Fahrer, die wegen eines Rotlichtverstoßes mit älterer Messtechnik belangt werden, ist diese Entscheidung von erheblicher Bedeutung:
- Die Grenze von 1 Sekunde entscheidet über die Qualifikation des Verstoßes – und damit über ein Fahrverbot.
- Wurde die Rotlichtzeit nicht korrekt oder nachvollziehbar zurückgerechnet, kann das Urteil angegriffen werden.
- In geeigneten Fällen kann ein Sachverständiger helfen, fehlerhafte Berechnungen offenzulegen.
Die Entscheidung des OLG Köln zeigt: Nicht jeder Rotlichtverstoß führt automatisch zum Fahrverbot. Gerade bei Messungen mit älteren Anlagen wie dem Traffipax Traffiphot III lohnt sich ein genauer Blick auf die Berechnungsgrundlagen.