Am 14. Februar 2025 hat das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg in einer aktuellen Entscheidung (Az. 1 ORbs 280/24) die Anforderungen an die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens bei einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung konkretisiert.
🔎 Sachverhalt: 45 km/h zu schnell auf der Autobahn
Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, am 2. März 2023 auf einer Bundesautobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 45 km/h überschritten zu haben. Das Amtsgericht Nauen hatte ihn zunächst wegen fahrlässiger Überschreitung zu einer Geldbuße von 320 € und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Dagegen legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein.
Die Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg beantragte hingegen, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen – allerdings mit der Maßgabe, dass die Tat vorsätzlich begangen wurde. Diesem Antrag folgte das OLG Brandenburg vollumfänglich.
⚖️ Kernaussagen des OLG Brandenburg
Das OLG qualifizierte die Tempoüberschreitung um 45 km/h auf einer Autobahn als zumindest bedingt vorsätzlich. Dabei stellte der Senat folgende Grundsätze auf:
1. Erhebliche Überschreitung lässt auf Vorsatz schließen
Bereits die Höhe der Tempoüberschreitung – im konkreten Fall fast die Hälfte über der erlaubten Geschwindigkeit – begründe die Annahme, dass der Fahrer sich der Rechtswidrigkeit seines Handelns bewusst war und den Verstoß zumindest billigend in Kauf nahm.
2. Exaktes Wissen um die Differenz ist nicht erforderlich
Es sei unerheblich, ob der Fahrer die Überschreitung exakt bemessen konnte. Entscheidend sei, dass die Abweichung vom Erlaubten so deutlich sei, dass „jeder Kraftfahrer merken musste, dass er erheblich zu schnell fuhr“.
3. Tachobeobachtung ist keine zwingende Voraussetzung
Auch wenn der Betroffene möglicherweise nicht permanent auf den Tachometer schaute, hätte er – so das Gericht – anhand von Motorgeräuschen, Fahrsituation und Geschwindigkeitseindruck die überhöhte Geschwindigkeit erkennen können.
🚫 Konsequenzen für Betroffene
Die Einordnung als vorsätzliche Tat hat erhebliche praktische Auswirkungen:
- Verdoppelung der Regelgeldbuße im Vergleich zur fahrlässigen Tat (§ 3 Abs. 4 BKatV)
- Erhöhte Wahrscheinlichkeit eines Fahrverbots, bzw.
- geringere Chancen für ein angestrebtes Absehen vom Fahrverbot
Die Entscheidung macht deutlich, dass bei erheblichen Geschwindigkeitsverstößen nicht nur mit einer Geldbuße, sondern auch mit einer härteren Ahndung wegen Vorsatz gerechnet werden muss – auch wenn keine konkrete Gefährdung eingetreten ist.
Das OLG Brandenburg stellt klar: „Augen zu und durch“ schützt nicht vor Vorsatz. Wer mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs ist, kann sich nicht auf mangelnde Kenntnis oder Unachtsamkeit berufen. Diese Entscheidung fügt sich nahtlos in die bereits vorhandene Rechtsprechung anderer Obergerichte ein und verschärft die Anforderungen an eine glaubhafte Verteidigung gegen den Vorwurf vorsätzlichen Handelns.