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LG Osnabrück: Nutzungsausfallentschädigung über 6 Monate bei verzögerter Schadensregulierung

Beschädigtes Auto in einer Werkstatt, im Hintergrund eine große Uhr und ein Kalender – Symbolbild für langen Nutzungsausfall nach Verkehrsunfall

Wenn die Versicherung zögert – und der Geschädigte nicht zahlen kann

In einer aktuellen Entscheidung vom 05.03.2025 (Az. 5 O 2598/24) hat das Landgericht Osnabrück einem Unfallgeschädigten eine Nutzungsausfallentschädigung für volle 196 Tage zugesprochen – also über sechs Monate hinweg. Grund war die erhebliche Verzögerung der Regulierung durch die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers sowie die nachgewiesene fehlende Vorfinanzierungsmöglichkeit des Klägers.


Was war passiert?

Der Kläger wurde im Oktober 2023 unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt. Sein Fahrzeug – ein hochpreisiger Pkw der Gruppe L – wurde sowohl an Front als auch Heck erheblich beschädigt. Obwohl der Geschädigte frühzeitig ein Sachverständigengutachten vorlegte, lehnte die gegnerische Haftpflichtversicherung eine vollständige Regulierung ab und bestritt den Unfallhergang.

Trotz mehrerer Hinweise und der Übermittlung von Dashcam-Aufnahmen blieb die Versicherung bis Februar 2024 bei ihrer Ablehnung. Erst nachdem das Video in das Verfahren eingeführt wurde, erkannte die Versicherung den Schaden teilweise an – das Gericht verurteilte sie anschließend zur Zahlung von über 44.000 Euro sowie zur vollständigen Übernahme des Nutzungsausfalls.


Wichtige Aspekte der Entscheidung:

1. Nutzungsausfall auch bei langer Reparaturdauer möglich

Das LG Osnabrück bestätigte, dass ein Nutzungsausfall auch für einen außergewöhnlich langen Zeitraum von fast 200 Tagen ersatzfähig sein kann, wenn der Geschädigte die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Die gegnerische Versicherung hatte durch zögerliches Verhalten den Reparaturbeginn verzögert – die Verantwortung dafür liegt beim Schädiger.

2. Keine Pflicht zur Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung

Der Kläger musste seine Vollkaskoversicherung nicht einschalten, nur um den Schaden schneller beheben zu können. Das Gericht verwies auf die ständige Rechtsprechung des BGH: Ein Geschädigter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, wenn er auf eine schnelle Regulierung durch den Schädiger vertraut und die eigene Vorfinanzierung nicht möglich ist.

3. Nutzungsausfall statt Interimsfahrzeug zulässig

Auch der Einwand, der Kläger hätte sich ein günstiges Interimsfahrzeug anschaffen müssen, blieb erfolglos. Die Dauer der Ausfalldauer sei zu Beginn schlicht nicht absehbar gewesen, so das Gericht. Deshalb sei die Entscheidung des Klägers, auf eine Nutzungsausfallentschädigung zu setzen, wirtschaftlich nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden.


Was bedeutet das für Sie als Geschädigten?

Wenn die gegnerische Versicherung zögert und Sie nicht in der Lage sind, eine teure Reparatur selbst zu bezahlen, sollten Sie dies frühzeitig und dokumentiert mitteilen.