In einem bemerkenswerten Urteil hat das Landgericht Münster (Urteil vom 31.07.2024, Az. 23 NBs-82 Js 7152/23-35/24) entschieden, dass eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach einer Trunkenheitsfahrt mit anschließender Unfallflucht nicht zwingend erforderlich ist, wenn der/die Beschuldigte nachweislich eine Therapie durchlaufen und Alkoholabstinenz belegt hat.
Sachverhalt und Entscheidung des Gerichts. Die Angeklagte verursachte im Juli 2023 unter erheblichem Alkoholeinfluss (1,92 Promille) einen Verkehrsunfall mit einem Sachschaden in Höhe von 6.133,18 Euro und entfernte sich unerlaubt vom Unfallort. Das Amtsgericht Beckum hatte sie daraufhin wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40 Euro sowie einem sechsmonatigen Fahrverbot verurteilt. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein und forderte die Entziehung der Fahrerlaubnis.
Das Landgericht Münster verwarf die Berufung und sah damit von der Entziehung der Fahrerlaubnis ab. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren die umfassenden Bemühungen der Angeklagten um eine Veränderung ihres Lebensstils: Sie stellte ihren Alkoholkonsum vollständig ein, unterzog sich einer verkehrspsychologischen Therapie mit mindestens elf Sitzungen und konnte ihre Abstinenz durch ärztliche Nachweise belegen.
Rechtliche Bewertung: Das Gericht betonte, dass zwar grundsätzlich die Verwirklichung der Tatbestände des § 315c StGB (gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr) und § 142 StGB (Unfallflucht) eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach sich ziehen könne. Allerdings komme es maßgeblich auf die aktuelle charakterliche Eignung der Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen an. Aufgrund der nachweisbaren persönlichen Entwicklung konnte eine fortbestehende Ungeeignetheit nicht mehr festgestellt werden. Das Gericht hielt das vom Amtsgericht verhängte sechsmonatige Fahrverbot für ausreichend.
Das Urteil zeigt, dass auch bei Verwirklichung mehrerer Regelbeispiele des § 69 StGB nicht in jedem Fall eine Entziehung der Fahrerlaubnis zu erwarten ist. Es kann im Einzelfall hilfreich sein, frühzeitig Verantwortung zu übernehmen und geeignete Maßnahmen wie Therapie und Abstinenznachweise zu ergreifen.