In einem aktuellen Urteil hat das Amtsgericht Dortmund entschieden, dass trotz eines erheblichen Geschwindigkeitsverstoßes ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden kann, wenn zwischen Tat und Urteil ein anderes Fahrverbot vollstreckt wurde. Das Urteil bietet wichtige Hinweise für die Verteidigung in Bußgeldverfahren im Verkehrsrecht.
Hintergrund der Entscheidung
Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 32 km/h überschritten zu haben. Die gemessene Geschwindigkeit nach Abzug der Toleranz betrug 62 km/h. Nach dem Bußgeldkatalog (§ 11.3.6 BKat) wäre hierfür eine Geldbuße von 260 Euro sowie ein Fahrverbot von einem Monat vorgesehen.
Eine Besonderheit des Falles: Zwischen dem Verkehrsverstoß und der gerichtlichen Hauptverhandlung hatte der Betroffene in einer anderen Sache bereits ein zweimonatiges Fahrverbot vollständig verbüßt.
Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund
Das Amtsgericht Dortmund sah trotz der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung und einer bestehenden Voreintragung im Fahreignungsregister von der Verhängung eines Fahrverbots ab. Stattdessen wurde die Geldbuße deutlich auf 500 Euro erhöht.
Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 4 Abs. 4 BKatV. Danach kann von einem an sich verwirkten Fahrverbot abgesehen werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die den Erziehungszweck bereits anderweitig erreicht erscheinen lassen.
Hier betonte das Gericht, dass die erst kurz zuvor vollstreckte Fahrverbotsdauer von zwei Monaten beim Betroffenen eine erkennbare Erziehungswirkung entfaltet habe. Auch eine mäßige Vorerhöhung der Geldbuße sei angesichts der Vorahndung notwendig gewesen. Entgegen der Auffassung des BayObLG (NStZ-RR 2021, 351) hielt das AG Dortmund ein Absehen vom Fahrverbot in dieser Konstellation für zulässig.
Bedeutung für die Verteidigung im Verkehrsrecht
Dieses Urteil zeigt, dass sich Verteidigungsansätze im Bußgeldverfahren auch dann lohnen können, wenn ein Regelfahrverbot im Raum steht.
Gerade wenn ein Betroffener nach dem maßgeblichen Verkehrsverstoß bereits ein Fahrverbot in anderer Sache verbüßt hat, bestehen gute Chancen, unter Berufung auf § 4 Abs. 4 BKatV das Fahrverbot durch eine erhöhte Geldbuße zu ersetzen.
Das Urteil des Amtsgerichts Dortmund stärkt die Verteidigungsmöglichkeiten in Bußgeldverfahren erheblich. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch bei schwerwiegenden Verkehrsverstößen ein Fahrverbot vermieden werden.