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Dr. Dieter Heskamp

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

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OLG Düsseldorf - Beschluss vom 01.10.07

Zum Inhalt der Entscheidung: 1. Wer sich unvorsätzlich von einer Unfallstelle entfernt, begeht keine Straftat nach § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort).

2. Eine Duldungs- und Wartepflicht besteht nur, wenn der Unfallbeteiligte in räumlichen und zeitlichen Zusammenhang von dem Unfall erfährt. Der Unfallbeteiligte darf sich nicht schon so weit von der Unfallstelle entfernt haben und es darf noch nicht so viel Zeit verstrichen sein, dass an dem inzwischen erreichten Ort feststellungsbereite Personen ohne Weiteres nicht mehr zu erwarten sind.

 

Oberlandesgericht Düsseldorf

Beschluss vom 01.10.2007

III-2 Ss 142/07-69/07 III


Aus den Gründen:

 

I.

Das Amtsgericht Wuppertal hat den Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 56 EUR sowie wegen "fahrlässigen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 StVO" zu einem Bußgeld in Höhe von 35 EUR verurteilt. Zugleich hat das Amtsgericht gegen ihn gemäß § 44 StGB ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Das Landgericht Wuppertal hat die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass die Höhe des Tagessatzes auf 35 EUR herabgesetzt wird.

Hiergegen richtet sich die auf den Schuldspruch wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort beschränkte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

II.

1. Der Angeklagte hat die Revision auf den Schuldspruch wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 StGB beschränkt, indem er deutlich zum Ausdruck gebracht hat, gegen die Teilverurteilung wegen der Verkehrsordnungswidrigkeit "keine Einwände" zu erheben.

Die Beschränkung der Revision ist wirksam mit der Folge, dass die Verurteilung des Angeklagten wegen der Verkehrsordnungswidrigkeit in Rechtskraft erwachsen ist. Hat das Tatgericht über mehrere rechtlich selbständige Taten des Angeklagten entschieden, bestehen gegen die Anfechtung nur einzelner Verurteilungen grundsätzlich keine Bedenken. Dies gilt auch dann, wenn die abgeurteilten selbständigen Straftaten durch einen einheitlichen geschichtlichen Vorgang zu einer Tat im verfahrensrechtlichen Sinne (§ 264 StPO) zusammengefasst werden (vgl. Kuckein in: KK-StPO, 5. Auflage, § 344 Rn. 7).

So liegt der Fall hier. Die Frage des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 StGB kann losgelöst von der Verurteilung wegen der fahrlässigen Herbeiführung des Unfalls geprüft und beurteilt werden. Die zum Unfall führende Ordnungswidrigkeit steht zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort in Tatmehrheit (§ 53 StGB), da das Sich-Entfernen im Sinne des § 142 StGB eine entsprechende gesonderte Willensbildung nach einem Unfall voraussetzt (vgl. Janiszewski/ Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 19. Auflage, § 142 StGB Rn. 41).

2. Die in zulässiger Weise auf den Schuldspruch wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 StGB beschränkte Revision hat mit der allein erhobenen Sachrüge Erfolg und führt zur Freisprechung des Angeklagten.

Die vom Tatgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort nicht.

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte die von ihm am 4. April 2006 gegen 16.55 Uhr in der K. in W. fahrlässig verursachte Beschädigung des am rechten Fahrbahnrand geparkten Pkw nicht bemerkte und daher unvorsätzlich weiterfuhr. Es hat zum Sachverhalt weiterhin ausgeführt, dass die Zeugin K. von der Unfallstelle mit ihrem Pkw dem Lkw des Angeklagten folgte und ihn durch Betätigen von Hupe und Lichthupe zum Anhalten zu bewegen versuchte. Nach etwa fünf bis zehn Minuten Fahrzeit hielt der Angeklagte an, um sich nach dem Anliegen der Zeugin K. zu erkundigen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Angeklagte bereits rund drei Kilometer von der Unfallstelle entfernt.

a) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kommt entgegen der Auffassung des Landgerichts eine Strafbarkeit gemäß § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht in Betracht. Danach wird ein Unfallbeteiligter nach Maßgabe des § 142 Abs. 1 StGB auch dann bestraft, wenn dieser sich berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt hat und die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

Der Angeklagte entfernte sich jedoch nicht berechtigt oder entschuldigt, sondern vorsatzlos vom Unfallort. Zwar war nach bislang gefestigter Rechtsprechung, der auch das Landgericht gefolgt ist, das vorsatzlose Sich-Entfernen dem berechtigten oder entschuldigten Sich-Entfernen im Sinne des § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB gleichzusetzen (vgl. BGHSt 28, 129, 132 ff.). Diese Gleichsetzung ist jedoch mit dem möglichen Wortsinn der Begriffe "berechtigt oder entschuldigt" nicht vereinbar und verstößt gegen Art. 103 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. März 2007 in: NJW 2007, 1666, 1667 f.). Eine Strafbarkeit des sich unvorsätzlich vom Unfallort entfernenden Angeklagten gemäß § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB scheidet demnach aus.

b) Das vom Landgericht festgestellte Verhalten des Angeklagten erfüllt auch nicht den Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB.

(1) Einer Strafbarkeit nach § 142 Abs. 1 StGB steht vorliegend allerdings nicht bereits der Umstand entgegen, dass der Angeklagte sich zunächst unvorsätzlich von dem beschädigten Pkw entfernte und erst später durch die Zeugin K. von dem Unfall erfuhr. Zwar scheidet in einem solchen Sachverhalt nach bislang gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Anwendung des § 142 Abs. 1 StGB deshalb aus, weil nach dieser Vorschrift das vorsätzliche Sich-Entfernen nur dann strafbar ist, wenn der Täter sich vom Unfallort selbst, nicht aber von einem anderen Ort entfernt, an dem er von dem Unfall erstmals erfahren hat (vgl. BGH, a.a.O., Seite 131). Da jedoch die Vorschrift des § 142 Abs. 1 StGB – anders als § 142 Abs. 2 StGB – keinen abgeschlossenen Sachverhalt des Sich-Entfernt-Habens voraussetzt und ein Entfernens-Vorsatz grundsätzlich bis zur Beendigung der Tat durch ein erfolgreiches Sich-Entfernt-Haben gebildet werden kann, ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 142 Abs. 1 StGB möglich, die Fälle erfasst, in denen der Täter nachträglich auf den Unfall hingewiesen wird und sich gleichwohl – weiter – von der Unfallstelle entfernt (vgl. BVerfG, a.a.O., Seite 1668).

(2) Im Rahmen der von den Fachgerichten vorzunehmenden Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "Unfallort" im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB (vgl. BVerfG, a.a.O.) ist die Annahme einer Duldungs- (§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB) oder Wartepflicht (§ 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB) des erst auf der Weiterfahrt "bösgläubig" gewordenen Unfallbeteiligten nach Auffassung des Senats jedoch an die Voraussetzung zu knüpfen, dass zwischen dem Unfallgeschehen und seiner Kenntniserlangung durch den Unfallbeteiligten ein räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Der Unfallbeteiligte darf sich nicht schon so weit von der Unfallstelle entfernt haben und es darf noch nicht so viel Zeit verstrichen sein, dass an dem inzwischen erreichten Ort feststellungsbereite Personen ohne Weiteres nicht mehr zu erwarten sind (so bereits BGHSt 14, 89, 94 f. zur Rechtslage vor dem 13. Strafrechtsänderungsgesetz). Auf diesen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang kann nicht verzichtet werden, da das unerlaubte Entfernen vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 StGB nicht durch Verletzung einer Pflicht zur Rückkehr an den Unfallort, sondern (schon) durch Entfernung von diesem begangen wird.

(3) Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen hatte sich der Angeklagte bereits von dem Unfallort entfernt, ehe er von dem Unfallgeschehen Kenntnis erlangte. Er hatte sich im Zeitpunkt der Kenntniserlangung schon so weit von der unmittelbaren Unfallstelle entfernt und es war seit dem Unfall so viel Zeit verstrichen, dass ein räumlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen nicht mehr angenommen werden kann. Denn der Angeklagte hatte nach der Beschädigung des am Straßenrand parkenden Pkw innerorts schon rund drei Kilometer zurückgelegt und es waren seitdem bereits fünf bis zehn Minuten vergangen, ehe dieser anhielt, um zu erfahren, weshalb ihn die Zeugin K. verfolgte. Angesichts dieser jedenfalls für innerörtliche Verhältnisse recht großen Entfernung zwischen der Unfallstelle und dem Ort, an dem der Angeklagte von der Zeugin K. gestellt wurde, und des zwischenzeitlich verflossenen nicht unerheblichen Zeitraumes von mindestens fünf Minuten befand sich der Angeklagte bereits außerhalb des Bereichs, in dem üblicherweise noch die Anwesenheit feststellungsbereiter Personen, insbesondere des Geschädigten, zu erwarten ist.

Dem steht der Umstand, dass der Angeklagte an der inzwischen erreichten Stelle eine feststellungsbereite Person – die Zeugin K. – antraf, nicht entgegen. Denn der Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt die Anwesenheit einer solchen feststellungsbereiten Person am Unfallort voraus. Vorliegend hatte die Zeugin K. aber mangels eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem Unfallgeschehen bereits eine Ortsveränderung vorgenommenen und einen anderen Ort als den Unfallort erreicht, ehe es ihr gelang, den Angeklagten zum Anhalten zu bewegen und ihn zu Unfallfeststellungen zwecks Weitergabe an den Geschädigten aufzufordern.

c) Da nach Überzeugung des Senats weitere zum Schuldspruch wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort führende Feststellungen nicht mehr getroffen werden können, war das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben und der Angeklagte freizusprechen (§ 354 Abs. 1 StPO). Aufgrund dieses Freispruchs entfällt auch die Anordnung eines Fahrverbotes gemäß § 44 StGB.

III.

Eine Pflicht, die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 GVG vorzulegen, besteht nicht. Zwar weicht der Senat hinsichtlich der Auslegung der Tatbestandsmerkmale "Unfallort" und "berechtigt oder entschuldigt" des § 142 Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB von der bisherigen Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs ab (vgl. BGHSt 28, 129 ff.). Da sich der Senat aber der vom Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 19. März 2007 (NJW 2007, 1666) vertretenen Auffassung anschließt, kommt eine Vorlegung gemäß § 121 Abs. 2 GVG nicht in Betracht (vgl. BGHSt 44, 171, 173; Hannich in: KK-StPO, 5. Auflage, § 121 GVG Rn. 26).

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